Zwei Meter Freiraum für jeden Bläser
Gähnende Leere im Sendesaal, ganz anders als vormals bei Proben des hr-Sinfonieorchesters, bei denen doch immer ein paar stille Lauscher verteilt in den Reihen saßen: Der Hessische Rundfunk nimmt es mit den Hygienebestimmungen überaus ernst, wie überall zu merken ist. Alles ist auf das Nötigste reduziert. Andrés Orozco-Estrada scheint gerade in dieser fast unheimlichen, jedoch konzentrierten Atmosphäre voll in seinem Element zu sein. Vertieft in die musikalische Arbeit, reißt der kolumbianische Chefdirigent energisch die Arme in die Luft und wirft den Kopf zurück: „Bahhhm-ba!“, imitiert er lautmalerisch die gewünschte Phrasierung der Orchesterakkorde. Offenbar strebt er in diesen Passagen mit der reduzierten Streicherbesetzung einen scharf akzentuierten Mendelssohn-Klang an. Die dritte und vierte Sinfonie, „die Schottische“ und „die „Italienische“, des Komponisten erklingen in den nächsten Konzerten, die als Livestream zu erleben sind. Am ersten Abend ist zudem Griegs Klavierkonzert mit der Solistin Alice Sara Ott zu hören.
Dass die Musiker beim Hessischen Rundfunk überhaupt so weiterarbeiten können, privilegiert sie gegenüber den Kollegen vom Frankfurter Opern- und Museumsorchester, aber fordert auch jenseits der Bühne im Back-Office viel zusätzliche Leistung. Armin Wunsch ist da als Leiter des Orchesterbüros und des Künstlerischen Betriebsbüros für die Organisation und das Umsetzen der Programme zuständig: Wenn also Michael Traub, der als hr-Musikchef und Orchestermanager übergeordnet für das Sinfonieorchester und die Bigband zuständig ist, in Absprache mit Orozco-Estrada statt der an diesen Dezember-Terminen ursprünglich geplanten neunten Sinfonie von Gustav Mahler zwei Mendelssohn-Sinfonien ins Programm nimmt, dann obliegt es Wunsch und seinen sieben Mitarbeiterinnen vom Künstlerischen Betriebsbüro, dafür die nötigen Voraussetzungen zu schaffen: die Dienstzeiten der Musiker einzuteilen, die Raumpläne zu erstellen, für Stühle, Pulte, Noten, Licht und im wahrsten Sinne für das richtige Klima zu sorgen. „Wir sind sozusagen das Servicecenter für die Musiker“, sagt Wunsch, der selbst als Violinist in Hannover eine Ausbildung als Orchestermusiker absolviert hat, ehe er ins Management wechselte.
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