Dieser Name ist kein Witz
Grace Edith Maclean, eine Pfarrerstochter aus New Jersey, wurde 1909 in Heidelberg mit einer Untersuchung über die deutsche Rezeption von Harriet Beecher Stowes Buch „Uncle Tom’s Cabin“ promoviert. Sie zählte 41 deutsche Übersetzungen des Romans von 1852, der anhand einer Reihe von melodramatischen Handlungssträngen die Unmenschlichkeit der Sklaverei demonstriert. Maclean lässt ihre Schlussbetrachtung auf den Befund zulaufen, dass der kommerzielle Erfolg sich verselbständigte und der Name des Superbestsellers sich vom Gelesenen ablöste. „Onkel Tom“ sei die Marke für alles geworden, was Kaufleute als populär anpreisen wollten. Letzter, schlagender Beleg: Es gebe jetzt sogar, heißt es in der auf Englisch publizierten Druckfassung, ein Restaurant, das diesen Namen trage, in den „suburbs“ von Berlin!
In Zehlendorf, eingemeindet 1920, steht heute an der Stelle dieses schon seit 1885 existenten Ausflugslokals eine von Bruno Taut geplante, 1931 vollendete Wohnsiedlung, die den Namen übernommen hat. Und ebenso heißt dort die Haltestelle der U-Bahn, seit ihrer Einweihung 1929 – im Kontrast zum U-Bahnhof Mohrenstraße in Mitte, der seinen Namen erst 1991 erhielt. Der Basketballspieler Moses Pölking, gebürtig aus Moabit, sammelt jetzt im Internet Unterschriften für eine Umbenennung der Station Onkel Toms Hütte.
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