Russland droht der Gedächtnisverlust

In dem einen Jahr Verspätung, mit dem die Ausstellung europäischer Gegenwartskunst Diversity United pandemiebedingt in Moskau eröffnet wurde, scheint das Projekt für die russischen Machthaber fast toxisch geworden zu sein. Zum Festakt im Westflügel der Neuen Tretjakow-Galerie erschien weder ein Vertreter des Kultur- noch des Außenministeriums, obwohl das Ereignis das Jahr der deutschen Kultur in Russland abschließt, der Schirmherr Wladimir Putin schickte nur seinen Sonderbeauftragten für internationale kulturelle Kooperation Michail Schwydkoi.
Doch der deutsche Botschafter Géza Andreas von Geyr erinnerte daran, dass die Schau im deutsch-russischen Diskussionsforum Petersburger Dialog entstand – deren drei Mitgliedsorganisationen Zentrum Liberale Moderne, Deutsch-Russischer Austausch und Forum russischsprachiger Europäer in Russland verboten wurden, weshalb der Dialog eingefroren ist. Von Geyr beklagte auch die in Russland dramatisch schwindenden zivilgesellschaftlichen Freiräume, womit er indirekt auf die historische Gesellschaft Memorial hinwies, deren von der Staatsanwaltschaft verlangte Auflösung am heutigen Donnerstag verhandelt wird. Schwydkoi sprach hingegen von den neuen Mauern innerhalb von Europa, welche die Künstler aber zu überwinden wüssten, weshalb die Ausstellung ebenjenen Raum zwischen Lissabon und Wladiwostok repräsentiere, zu dem Russland selbstverständlich gehöre.
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