Comeback der Trophäenbrigaden

Am 4. Juni hat der russische Krieg gegen die Ukraine seine hundert Tage erreicht. Die Ereignisse seit dem 24. Februar liefern uns genügend Fakten, um zu verstehen, was geschehen ist und was in Zukunft mit den Baudenkmälern und Museumsschätzen der Ukraine geschehen kann. Leider geben solche Beobachtungen keinen Anlass zu viel Optimismus. Die Zerstörung architektonischer Wahrzeichen durch russische Bombardements hat international große Aufmerksamkeit erregt. Wenn solche barbarischen Akte wie der Beschuss des neugotischen Gebäudes des Wassil-Tarnowski-Museums in Tschernihiw am 11. März oder des historischen jüdischen Friedhofs in der Stadt Hluchiw am 8. Mai wie sporadische Akte aussahen, so ist die methodische Bombardierung des Zentrums von Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, ein vorsätzliches Verbrechen. Die Russen scheren sich nicht um Menschenleben und noch weniger um architektonische Denkmäler, indem sie sich auf die Taktik der wahllosen Bombardierung von Stadtzentren verlassen, die sie 2016 im syrischen Aleppo geprobt haben.
Einige der russischen Angriffe lösten eine Diskussion darüber aus, ob die Besatzer absichtlich ukrainische Museen und Denkmäler zerstören wollen und ob eine solche Politik als „kultureller Genozid“ interpretiert werden könnte. Dieser Verdacht wurde durch den Angriff auf das Museum von Hrihoriy Skoworoda, einem ukrainischen Philosophen aus dem siebzehnten Jahrhundert, in der Region Charkiw erhärtet. Am 6. Mai zielte eine russische Rakete auf das alte Herrenhaus, das in einem Park liegt und keine strategische Bedeutung hat. Präsident Wolodymyr Selenskyj kommentierte den Angriff mit den Worten, dass „nicht einmal Terroristen auf die Idee kämen, eine Rakete auf das Museum zu richten“. Trotz vieler Indizien gibt es jedoch keine eindeutigen Beweise dafür, dass die Russen die Zerstörung ukrainischer Denkmäler zum Ziel ihrer Politik gemacht haben.
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