Er würde Putin am liebsten hängen

Die russischen Bomben haben aus Juri einen Patrioten gemacht. Über Nacht. Als wäre er gestorben und wiedergeboren worden. Er sagt „ich bin jetzt ein anderer.“ Von seiner Russlandtreue ist kein Funken übrig geblieben. Früher zierte Juris Rucksack das orange-schwarz gestreifte Georgsbändchen, eine russische Auszeichnung für militärische Heldentaten, das inzwischen auch die Gegner der Ukraine tragen. Juri hat es weggeworfen. Die Farben seiner Überzeugung leuchten jetzt blau-gelb. Slava Ukraini, Ruhm der Ukraine, sagt er heute.
Juri ist Anfang sechzig, ein drahtiger Mann mit drahtigen grauen Haaren. Er sitzt in einem Straßencafé in Odessa, dessen Gäste keinen Kaffee mit Mandelmilch trinken, sondern Suppe mit großen Fleischstücken essen. Mit Kiew, Lwiw, mit all den Städten im Westen, wo die Ukrainisierung vorangetrieben, wo Denkmäler wütend gestürzt werden, hatte Juri vor dem Krieg nichts am Hut. Plötzlich bedeuten sie ihm viel. Eine spät entdeckte Liebe, dafür eine umso größere.
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