Globalisierung als Wettbewerb der Nationen

Von einem Papier aus dem Wirtschaftsministerium erwartet man nicht unbedingt, etwas Neues über das Selbst zu erfahren und darüber, wie dieses sich in seinem Verhältnis zur Welt gerade jetzt neu bestimmt. Genau dies jedoch passiert bei Peter Altmaiers „Nationaler Industriestrategie 2030“, deren radikale Logik, zieht man ihre Linien aus, einen in ungeahnte Abgründe entführt. Der Minister selbst tut alles, um das zu verhüllen: In dem Papier wimmelt es von Kautelen wie „ausnahmsweise“, „nur vorübergehend“ und „strenge Voraussetzungen“ sowie von Bekenntnissen zu den hergebrachten Prinzipien der Marktwirtschaft, des Freihandels und des Multilateralismus, so als ginge alles mehr oder weniger weiter seinen gewohnten Gang. Doch im Kern behauptet die Strategie gerade die Notwendigkeit, von eben diesen Prinzipien in bestimmten Fällen abzuweichen: die Notwendigkeit also, Konzerne oder wenigstens Teile von ihnen zu verstaatlichen, und die Übernahme deutscher Unternehmen durch ausländische Konkurrenten abzuwehren.
Der entscheidende Punkt ist die Begründung. Der bisherige Wohlstand des Landes lasse sich nur halten, wenn Deutschland und Europa auch Internet- und Künstliche-Intelligenz-Konzerne von einer Größe hervorbrächten, die es mit derjenigen der chinesischen und amerikanischen Konkurrenz aufnehmen kann; dies aber sei ohne die staatliche Unterstützung und den staatlichen Schutz, den die Firmen in diesen anderen Ländern genießen, nicht möglich. Das Argument gliedert sich in zwei Teile, von denen jeder geeignet ist, bisherige Selbstverständlichkeiten zum Einsturz zu bringen.
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