Wenn man lange vom Krieg spricht

Kürzlich warnten die Behörden in Charkiw die Bürger offiziell, dass eine Überprüfung der Alarmanlagen stattfinden werde. Anderntags gingen um Punkt 14.25 Uhr in der Stadt die Sirenen los. In der winterlich frostigen Luft klangen die Signale besonders alarmierend und bedrohlich. Sogar diejenigen, die sich auf den Test eingestellt hatten, hätten in Panik geraten können. Möglicherweise ist der Wunsch, Schrecken zu verbreiten, Panik zu säen, zu destabilisieren, das Hauptmotiv der Handlungen Russlands gegenüber der Ukraine. Inwieweit eine solche Taktik Erfolg hat, ist schwer zu sagen. Natürlich reden heute alle von einem möglichen russischen Angriff. Aber das erzeugt kaum Angst. Es mobilisiert eher. Ein Land, das sich seit mehr als sieben Jahren im offenen militärischen Konflikt mit einem aggressiven Nachbarn befindet, lässt sich mit der Fortsetzung dieses Konflikts kaum erschrecken. Dieser Krieg währt so oder so schon seit 2014, auch wenn manch einer dazu neigt, das nicht zu bemerken.
In der Ukraine spricht man seit dem vergangenen Herbst von einer möglichen Verschärfung der Lage an der Front. Seither verzeichnet der Nachrichtenticker Meldungen über die Verlegung russischer Truppen an die ukrainische Grenze, über die personelle und technische Verstärkung der Kämpfer im Donbass, über Erkenntnisse westlicher Nachrichtendienste von möglichen Vorstößen der russischen Armee. Die Angriffsoptionen in diesem Fall liegen im Prinzip auf der Hand: Der Kriegsschauplatz im Osten würde erweitert, Charkiw und die südlichen Landesteile in der Nachbarschaft der Krim würden erobert. Auf den Karten zerschneiden die roten Linien möglicher Militärschläge die Umrisse der Ukraine, ziehen sich durch die ostukrainischen Großstädte: Charkiw, Dnipro, Saporischja.
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