Abendmahl mit Currywurst

Ob das nun wirklich die „größte Geschichte aller Zeiten“ (RTL) ist, ist schwer zu sagen, und je nach Kulturkreis hätten wohl etliche Völker valide Gegenvorschläge. Aber geschenkt, es ist Karwoche, und der kirchliche Kalender bestimmt auch heute noch, wann wir arbeiten gehen und wann wir auch arbeiten, aber mit Feiertagszuschlag. Zum Glück hat sich der Fernsehsender RTL bereiterklärt, uns sanft in die Ostertage zu geleiten. Dazu wurde nach niederländischem Vorbild, wo das seit Jahren bereits liebgewonnene Tradition ist, in der Ruhrmetropole Essen ein Staraufgebot versammelt, bei dem nahezu jeder dabei war, der drei gerade Töne herausbringt, und wer das nicht schafft, der lief trotzdem irgendwann durchs Bild.
Das alles klang zu schön um wahr zu sein: Die Passionsgeschichte im Privatsender als Live-Musik-Aufführung, erzählt von Thomas Gottschalk und mit Alexander Klaws als singendem Jesus. Da erwartet man schon einiges. Und es war dann auch wirklich ein unübertroffenes Hochamt des Trash-Fernsehens, große ernsthafte Oper am Rande der Peinlichkeit und gerne auch weit darüber hinaus, jede Kreuzwegstation anmoderiert wie eine Saalwette, brachial modernisiert in flapsiger Alltagssprache mit hilflos eingestreuten Bibel-Snippets, eine Kompilation der größten Hits von Markus, Matthäus, Lukas und Johannes.
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