Leise Töne werden im Krieg überhört

Andrij Melnyk, das Enfant terrible des diplomatischen Corps in Berlin, ist von dem Blogger Tilo Jung interviewt worden, der in der Medienlandschaft eine ähnliche Rolle zu spielen versucht. Melnyk ist der bekannteste ausländische Diplomat in Deutschland – aus zwei Gründen: Russland führt gegen sein Land einen Krieg, der in Begründung und Ausführung genozidale Züge trägt. Darüber diskutieren Fachleute und Politiker. Der amerikanische Präsident Joe Biden etwa sagte zur Rechtfertigung des Genozid-Begriffs, „dass Putin versucht, die Idee auszuradieren, man könne Ukrainer sein“.
Er schreit den Schmerz über den völkermörderischen Krieg heraus
Melnyk schreit den Schmerz darüber in Deutschland heraus, auf „undiplomatische Weise“, wie vielfach kritisiert wurde. Noch dazu reibt er dem Publikum unter die Nase, dass führende deutsche Politiker, darunter ein ehemaliger Bundeskanzler, den Lügen des russischen Präsidenten Putin willig Glauben schenkten. (Zwei Beispiele: „Jede weitere Erdgaspipeline nach Russland dient der Diversifizierung unserer Energiequellen.“ Und: „Niemand hat die Absicht, die Ukraine anzugreifen.“). Als dann der Angriff geschah, kritisierte Melnyk, wie auch ein großer Teil der deutschen Medien, dass die Bundesregierung ihren Worten zur Unterstützung der Ukraine, was Waffenlieferungen betraf, nur spät und halbherzig Taten folgen ließ. In ganz wenigen Fällen hat Melnyk sich im Ton vergriffen; immerhin hat er sich auch dafür entschuldigt, so in einem Gespräch im F.A.Z.-Podcast.
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