Wieso läuft Putins Kriegspropaganda auf Frankreichs Satelliten?

Wie haben Sie auf den Angriff der russischen Armee auf die Ukraine reagiert? Waren Sie überrascht?
Ich hatte zur Ukraine sehr viel weniger enge Beziehungen als zu Russland. Der Krieg hat mich entsetzt. Ich wohne in Paris in der Nähe der Place de la République. Es gab hier umgehend jeden Samstag eine Solidaritätsdemonstration. Man kann über die Ursprünge dieses Krieges diskutieren wie über den Ersten und Zweiten Weltkrieg, Aber der Angreifer ist bekannt. Ich war ratlos, Ende März traf ich Jim Fillipoff, der vor einigen Jahren Direktor der „Kyiv Post“ und einer Pay-TV-Plattform in der Ukraine war. Er veröffentlichte einen Artikel in der „Kiyv Post“, in dem er unterstrich, dass 15 Millionen Haushalte in Russland Fernsehen über französische Eutelsat-Satelliten empfangen. Er nannte das „Putins Achillesferse im Informationskrieg“. Seine Idee: Wenn die Europäische Union Sanktionen gegen zwei russische Betreiber auf diesen Satelliten verhängt, können die Frequenzen für internationale Nachrichtensender als BBC World News, Deutsche Welle, France 24 oder Euronews und für russische Oppositionssender gewonnen werden. Ich fand diesen Ansatz äußerst relevant. Ich schlug ihm vor, mich für die Verbreitung dieser Idee in der Medienbranche und der Medienpolitik zu engagieren. Ich war europäischer Beamter und konnte mich nicht so frei engagieren, wie ich es jetzt im Ruhestand tue. Wir machen alles auf eigene Rechnung.
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„Ich hatte zur Ukraine sehr viel weniger enge Beziehungen als zu Russland“, sagte André Lange gleich zu Beginn unseres Gesprächs. Er ist bemüht, seinen langjährigen Arbeitgeber, den Europarat, nicht zu desavouieren. Seit dem Ende des Kalten Kriegs war André Lange in die Medienkooperation mit Russland involviert. Er kennt sie aus dem Alltag. Er weiß um die russische Gastfreundschaft. Mit Fußnoten ist man dem Konflikt zu lange aus dem Weg gegangen. Die Kooperation und die Kompromisse mit Russland hatten auch positive Folgen. Doch seit dem Ausbruch des Vernichtungskriegs gegen die Ukraine muss man sie kritisch hinterfragen: Das Putin-Kolloquium 2012 in Straßburg, von dem im Interview die Rede ist, fand kein Echo in der Öffentlichkeit. Zehn Jahre später hat es den Namen des „Comité Diderot“ inspiriert.
Der Name des Schutzpatrons steht für die Aufklärung im Bereich des Satellitenfernsehens, das die russische Propaganda verbreitet. Auf seiner Homepage dokumentiert das Comité seine Aktivitäten und die Maßnahmen der Regierungen. Man kann die Petition unterzeichnen, die fordert, dass Eutelsat die russischen Kriegsprogramme nicht mehr ausstrahlt. Tag und Nacht ist André Lange im Einsatz und verzweifelt bemüht, die Öffentlichkeit wachzurütteln. Er war ein europäischer Beamter, jetzt engagiert er sich als kritischer Bürger.
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