Fakten sprechen für Renaissance des Goldes
Mit einem Kursgewinn von 3,7 auf 352,75 Dollar je Unze zeigt das Gold am Dienstag wieder einmal etwas Dynamik nach oben, nachdem das Edelmetall nach einem Sechsjahreshoch bei 398,05 Dollar je Unze Anfang Februar leichte Ermüdungserscheinungen zeigte. Die kamen dadurch zu Stande, dass spekulative Käufer einen Teil ihrer Positionen am Futuresmarkt abgebaut hatten.Die Nettoposition an Gold-Futures ging von ihrem Sieben-Jahres-Hoch von knapp 67.000 Kontrakten auf knapp 27.000 Kontrakte zurück.
Händler verwiesen nicht nur auf den Dollar, der im Sog enttäuschender US-Konjunkturdaten und leichterer Aktien unter Druck stand und gegenüber anderen wichtigen Währungen schwächer tendierte. Daneben unterstütze die Angst vor einem Krieg im Irak - und vor allem auch vor einem Alleingang der USA - das bei Anlegern und Spekulanten als sicherer Hafen geltende Metall. Auch der Bombenanschlag auf den Philippinen lässt die Gefahr möglicher Terroranschläge wieder ins Bewusstsein gelangen. Die anhaltenden Spannungen zwischen Nord- und Südkorea tragen ebenfalls zur Verunsicherung bei.
Verunsicherung steigert die Nachfrage nach Gold
Und immer, wenn die Marktteilnehmer verunsichert sind, suchen sie nach Alternativen zu risikobehafteten Anlageformen. Der Blick richtet sich dann in jüngster Zeit immer wieder auf das Gold, das in der 90er-Jahren nicht gerade als Renditeträger galt und geradezu verschmäht wurde. „Der Goldmarkt ist nachrichtengetrieben“ sagt beispielsweise Kevin Grady als Chef der Goldhändler bei Refco. „Alles was zur Verunsicherung beiträgt hilft dem Goldpreis“. Das ist die kurzfristige Perspektive.
Eine andere ist die fundamental langfristige. Die bezieht sich einerseits auf die strukturellen Probleme der US-Volkswirtschaft. Die US-Notenbank könnte versucht sein, die realwirtschaftlichen Ungleichgewichte - industrielle Überkapazitäten, hohe Verschuldung - mithilfe der Notenpresse zu lösen. Sie würde gewissermaßen die Wirtschaft mit „Papiergeld“ überschwemmen, um einen Verfall der Preise zu verhindern und eine Entschuldung über Inflation herbeizuführen. Das würde nicht nur den Dollar massiv unter Druck setzen, sondern könnte im Extrem sogar dazu führen, dass die Wirtschaftsteilnehmer das Vertrauen in das Papiergeld gänzlich verlieren. Dann wäre nach Ansicht vieler Experten sogar eine panikartige Flucht in reale Anlagegüter wie Rohstoffe möglich.
Der riesigen Nachfrage stünde allerdings nur ein begrenztes Angebot gegenüber und würde dazu führen, dass beispielsweise der Goldpreis förmlich explodieren könnte. Dazu kommt das niedrige Zinsniveau. Anlegern entgehen beim Kauf von Gold nur geringe Zinserträge, für Goldproduzenten werden Absicherungsgeschäfte uninteressant. Das führt zu einem fallenden Verkaufsdruck. Der wird auch dadurch gemindert, dass sich die internationalen Notenbanken im Rahmen des „Washington Agreements“ darauf geeinigt haben, den Verkauf ihrer Goldreserven zu begrenzen oder zumindest zeitlich zu strecken.
Industrielle Nachfrage übersteigt Goldproduktion
Gleichzeitig übertrifft die industrielle Nachfrage die Goldproduktion schon seit Jahren - und neue Schürfkapazitäten lassen sich nicht von heute auf morgen aufbauen. Asiatische Notenbanken, die bei der Anlage ihrer Währungsreserven stark dollarorientiert sind, könnten bei Umschichtungen auch auf das Gold setzen. Charttechnisch bleibt das mittelfristig positive Bild in takt, solange der Goldpreis nicht unter 320 Dollar je Unze fällt.
Im Fazit sprechen viele Fakten für eine anhaltende Renaissance des Goldpreises und damit des Goldminensektors. Bei zu vernachlässigenden Opportunitätskosten bieten sie die Möglichkeit, das Depot zumindest teilweise gegen geopolitische Schocks und Turbulenzen im internationalen Finanzsystem abzusichern. Europäer sollten dabei allerdings nicht vergessen, das Dollarrisiko - Gold wird im schwächelnden Dollar gehandelt - zu berücksichtigen. Nur wer sich gegen einen fallenden Dollar versichert hat, kann wirklich vom möglicherweise steigenden Goldpreis profitieren.
Der Chart zeigt die Kursentwicklung des Goldes in den vergangenen fünf Jahren