EZB und Fed sorgen für mehr Gefälle bei den Zinsen

Das transatlantische Zinsgefälle wird größer: Die Renditen am Anleihemarkt in Amerika und Europa bewegen sich weiter auseinander. Seit Anfang November ist die Rendite der richtungsweisenden deutschen Bundesanleihe mit zehn Jahren Laufzeit auf zuletzt minus 0,24 Prozent gefallen. Dagegen ist die Rendite der entsprechenden amerikanischen Staatsanleihe wieder gestiegen, auf zuletzt 1,63 Prozent.
„Auf beiden Seiten des Atlantiks sind die Renditen niedriger, als es dem Ausblick für Wachstum und Inflation entspricht“, meint Holger Schmieding, der Chefvolkswirt des Hamburger Bankhauses Berenberg: „Auf beiden Seiten des Atlantiks werden die Notenbanken im kommenden Jahr die Anleihemärkte weit weniger stützen als bisher.“
Renditen dürften insgesamt etwas steigen
Die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) wolle ihre Netto-Anleihekäufe bis Mitte des Jahres schrittweise beenden. Der Fahrplan der Europäischen Zentralbank (EZB) sehe vor, das große PEPP-Krisenprogramm Ende März auslaufen zu lassen, auch wenn dabei das längerfristige Ankaufprogramm APP etwas aufgestockt werden könnte.
„Insgesamt spricht das für etwas höhere Renditen in den Vereinigten Staaten und der Eurozone, wobei der Anstieg in den Vereinigten Staaten ausgeprägter sein dürfte", meint Schmieding. In Amerika bahne sich angesichts der ausgeprägteren Inflationsgefahren schon die Zinswende an: Spätestens Mitte 2022 dürfte die Fed ihre Leitzinsen erstmals erhöhen, während die EZB damit vermutlich noch bis zum Herbst 2023 warten werde.
„Was die EZB anbelangt, so erklärte Präsidentin Christine Lagarde kürzlich noch, dass die Bedingungen für Zinserhöhungen im Jahr 2022 höchstwahrscheinlich nicht erfüllt sein werden, aber sie wollte sich nicht verbindlich zu 2023 äußern“, sagte Andreas Billmeier, Ökonom von Western Asset, einer Boutique der Fondsgesellschaft Franklin Templeton. „Die geldpolitische Ungewissheit hat dazu geführt, dass die Zinssätze trotz der fortgesetzten Anleihekäufe viel stärker schwanken als üblich.“