Nicht vom Bitcoin narren lassen!

Die vermeintliche Attraktivität des Bitcoin geht auf drei Versprechen zurück: Erstens eine globale effiziente Währung zu schaffen, die zweitens inflationssicher ist und sogar kräftige Kapitalgewinne ermöglicht und drittens das „souveräne Individuum“ vom Staat befreit und ermächtigt. Die Verheißungen dieser digitalen Dreifaltigkeit wurden aber nicht erfüllt. Und obwohl die Marktkapitalisierung des populärsten Krypto-Assets gut siebzig Prozent seit dem Hoch von 69.000 Dollar im vergangenen November eingebüßt hat und die drohenden gesellschaftlichen Schäden sich immer deutlicher abzeichnen und damit schärfere Interventionen von Gesetzgebern wahrscheinlicher werden lassen, gibt die Bitcoin -Gemeinde natürlich nicht auf, und versucht eine anstehende Erholung herbeizureden.
Aber eins nach dem anderen: Bitcoin war zunächst nur eine Spielerei, deren ökonomische Begründung vorgeschoben wirkte. 2008 hat eine nach wie vor nebulöse Gruppe von Softwareentwicklern ein völlig dezentral organisiertes Buchungskonzept erfunden, das elektronische Zahlungen über Verschlüsselung weitgehend anonymisiert und unumkehrbar – das heißt ohne nachträgliches Settlement – ermöglicht. Unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto wurden ein Weißpapier und der Quellcode zu diesem „digitalen Bargeld“ veröffentlicht; im Januar 2009 wurden die ersten fünfzig Bitcoins erzeugt. Ohne zentrale Instanz steuert, überwacht und speichert ein globales Netzwerk gleichwertiger Rechner das System und setzt die ökonomischen Anreize aller Beteiligten, das System am Laufen zu halten. Alle paar Minuten werden neue Datenpakete in die „Blockchain“, ein digitales Zahlungsbuch, gepackt.
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Ulrich Bindseil ist Generaldirektor für Marktinfrastrukturen bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Vorher war der Ökonom sieben Jahre lang Generaldirektor für Marktgeschäfte, drei Jahre stellvertretender Generaldirektor im selben Geschäftsbereich und vier Jahre lang Leiter des Risikomanagements. Er begann seine Laufbahn 1994 bei der Deutschen Bundesbank nach Studium der Volkswirtschaftslehre und Promotion in Saarbrücken. Seit 2010 ist er Honorarprofessor an der TU Berlin. Er hat mehrere Fachbücher und Studien über Geldpolitik veröffentlicht, dar- unter: Monetary Policy Operations and the Financial System (Oxford University Press, 2014).
Jürgen Schaaf ist Berater im selben Geschäftsbereich der EZB wie Bindseil. Der Ökonom konzentriert sich auf digitale Zentralbankwährungen und moderne Massenzahlungsstrategien. Bevor er zur EZB kam, war er persönlicher Berater des Gouverneurs der Zentralbank von Luxemburg. Früher arbeitete er als EZB-Beobachter bei der Börsen-Zeitung und Senior Economist bei der Deutschen Bank. Er hat Volkswirtschaftslehre in Marburg und Canterbury/Kent studiert und promovierte in Volkswirtschaftslehre an der Philipps-Universität Marburg.
Die Autoren vertreten hier ihre persönliche Meinung, die nicht notwendigerweise der der EZB entspricht.