Eine grüne Insel wird rot

Nur noch wenige Bäume stehen auf der einst fruchtbaren Landschaft im Süden von Madagaskar. Sie hielten den Wind auf, nun weht roter Sand überall hin: auf Felder, Dörfer, Straßen und selbst in die Augen der Kinder, die auf Nahrungsmittelhilfepakete warten.
Die härteste Dürre, die das Gebiet Beanantara je erlebt hat, dauert seit vier Jahren an. Die Entwaldung, um Holzkohle herzustellen oder Land für die Landwirtschaft zu erschließen, hat zusätzlich dazu geführt, dass das Gebiet in eine Staubschüssel verwandelt wurde.


„Es gibt nichts zu ernten. Deshalb haben wir nichts zu essen und hungern“, sagt Tarira, eine Mutter von sieben Kindern, an einem abgelegenen Posten des Welternährungsprogramms (WFP) in der Nähe von Anjeky Beanatara, wo Kinder auf Anzeichen von Unterernährung untersucht werden und Nahrung erhalten.
Mehr als eine Million Menschen im Süden Madagaskars benötigen derzeit Lebensmittelzuwendungen vom WFP, einer Organisation der Vereinten Nationen.



Die Ernährungskrise im Süden des Landes hat sich über Jahre hinweg entwickelt und hat nach Angaben der lokalen Behörden und Hilfsorganisationen verschiedene Ursachen wie Dürre, Entwaldung, Umweltschäden, Armut, COVID-19 und Bevölkerungswachstum.
„Früher nannten wir Madagaskar die grüne Insel, aber leider ist sie jetzt eher eine rote Insel“, sagt Soja Lahimaro Tsimandilatse, Gouverneur der südlichen Region Androy.
Mit seinen 30 Millionen Einwohnern hat Madagaskar schon immer mit extremen Wetterereignissen zu kämpfen gehabt, doch werden diese nach Ansicht von Wissenschaftlern wahrscheinlich noch häufiger und heftiger auftreten, da der vom Menschen verursachte Klimawandel die Temperaturen in die Höhe treibt.


Das IPCC-Klimagremium der Vereinten Nationen stellt fest, dass in Madagaskar eine zunehmende Trockenheit zu beobachten ist, und prognostiziert, dass Dürren weiter zunehmen werden. Auf dem Höhepunkt der Nahrungsmittelkrise im Süden warnte das Welternährungsprogramm (WFP), dass die Insel Gefahr läuft, „die erste Hungersnot der Welt durch den Klimawandel“ zu erleben.


Theodore Mbainaissem, der die WFP-Maßnahmen in den am stärksten betroffenen Gebieten im Süden Madagaskars leitet, sagt, dass sich die einstmals regelmäßigen Wettermuster in den vergangenen Jahren bis zur Unkenntlichkeit verändert hätten und die Dorfältesten nicht mehr wüssten, wann der beste Zeitpunkt zum Pflanzen oder Ernten sei.
Mbainaissem sagt, dass nach monatelangen Interventionen des WFP, anderer Hilfsorganisationen und der lokalen Behörden das Schlimmste der Nahrungsmittelkrise überstanden sei. Er sagt, die Rate der schweren Unterernährung bei Kindern sei von etwa 30 Prozent vor einigen Monaten auf jetzt etwa 5 Prozent gesunken.


Vereine und Hilfsorganisationen versuchen sich auf zukunftsweisende Projekte zu konzentrieren, wie zum Beispiel mit dem großen Bepflanzungsprojekt in der Küstenstadt Faux Cap, das der Stabilisierung der Sanddünen dienen soll.
Doch in den ländlichen Gebieten, wo die Menschen in großer Armut leben, sind einige der Trends, die zur Krise beigetragen haben, noch immer präsent.
Für den frisch verheirateten Felix Fitiavantsoa, 20, der ein Waldstück abbrannte, um es zu kultivieren, waren die langfristigen Folgen der Entwaldung zweitrangig. Er musste dringend Lebensmittel anbauen, um seine Frau zu ernähren, und seine größte Sorge war, wann es endlich regnen würde, damit er anfangen konnte.
„Wenn es nicht regnet, weiß ich nicht, was wir tun werden. Wir werden zu Gott beten“, sagte er.
