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Mehr als 150 Forschende sehen das deutsche Kita-System vor dem Kollaps und fordern die Politik zum Handeln auf. Sie befürchten „eine Beschleunigung der Abwärtsspirale der Qualität“ und einen Zusammenbruch des Systems, sagte der Koordinator, Professor Klaus Fröhlich-Gildhoff vom Zentrum für Kinder- und Jugendforschung an der Evangelischen Hochschule Freiburg, am Dienstag. Es drohe „die Gefahr, dass die Kindertageseinrichtungen von Lern- und Lebensorten für Kinder und Familien wieder zu reinen Aufbewahrungsstätten werden“.
Der Appell werde unter anderem an die Bundes- und Landesministerien sowie die kommunalpolitischen Dachorganisationen verschickt, hieß es. Der Aufruf wurde laut Fröhlich-Gildhoff von 109 Professorinnen und Professoren aus der frühkindlichen Bildung unterzeichnet, 50 Studiengangkoordinatoren und Wissenschaftliche Mitarbeiter unterstützten ihn ebenfalls. Sie fordern deutlich verbesserte finanzielle und fachliche Anstrengungen, um das Kita-System zu stärken.
Der Anteil der psychisch belasteten Kinder hat sich den Wissenschaftlern zufolge durch die Corona-Maßnahmen von 20 auf 30 Prozent erhöht. Es gebe klare Hinweise auf erhöhte Spannungen in Familien und einen Anstieg häuslicher Gewalt. Zudem habe sich der Fachkräftemangel drastisch verschärft.
Nach konservativen Schätzungen fehlten bis zum Jahr 2025, besonders in den westlichen Bundesländern, in den Kitas 179.000 pädagogische Fachkräfte.
Die Wissenschaftler fordern, pädagogische Fachkräfte durch Assistenz- und Verwaltungskräfte zu entlasten. Mittel- und langfristig seien die Ausbildungskapazitäten deutlich zu erhöhen, ausländische Qualifikationen seien flächendeckend zu ermöglichen. Es seien „jetzt erhebliche Investitionen und mittelfristig eine kontinuierliche Erhöhung der Ressourcen für das System der Frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung nötig“.
Die Kindheitspädagogen begrüßen das „Gute-Kita-Gesetz“, das mit erweiterten finanziellen Ressourcen weitergeführt werden solle. Auch die Initiativen „Sprach-Kitas“ und die „Fachkräfteoffensive“ beurteilen sie positiv.
Die Opposition im Bundestag hat Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) in der Haushaltsdebatte für die Streichung des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“ und die Familienpolitik der Koalition attackiert. Die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher (CDU), warf ihr vor, sich nicht an Zusagen im Koalitionsvertrag zu halten und erfolgreiche Strukturen zu zerstören. „Sprache ist die Grundlage für alles (...) und genau das beenden Sie“, sagte Breher am Dienstag.
Die stellvertretende Fraktionschefin der Linken, Gesine Lötzsch, nannte es ein „fatales Signal“, das Programm zu beenden. „Wenn Sie nur ein U-Boot weniger bauen würden, dann hätten Sie das Geld für dieses Sprachprogramm zusammen.“
Das Bundesprogramm zur Förderung von „Sprach-Kitas“ läuft zum Jahresende aus - seit 2016 finanziert der Bund darüber zusätzliches Personal an Kitas zur Sprachentwicklung, vor allem an Einrichtungen mit vielen Kindern mit Sprachförderbedarf. Paus sprach mit Blick auf die „Sprach-Kitas“ aber von einem Irrtum. Diese würden nicht abgeschafft. Man nehme in den kommenden zwei Jahren vier Milliarden Euro in die Hand und investiere ganz gezielt in die Qualität der Kindertagesbetreuung. „Die Länder haben es nun in der Hand, die Förderung der sprachlichen Bildung mit Hilfe der Bundesmittel zu verstetigen (...). Wir stellen das Geld zur Verfügung aber tun müssen es jetzt die Länder mit uns gemeinsam.“
Im Bundeshaushalt sind für das Bundesfamilienministerium Ausgaben in Höhe von knapp 12,9 Milliarden Euro im kommenden Jahr vorgesehen, nach rund 12,6 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Größter Einzelposten ist das Elterngeld mit knapp 8,3 Milliarden Euro (2022: 7,7 Milliarden). Das zahlt der Staat als Lohnersatzleistung, wenn Mütter und Väter in Elternzeit gehen.