Darum ist das Urteil im Fall Giffey fragwürdig
Angesichts der bisherigen Rechtssprechung zu Plagiaten war davon auszugehen, dass Bundesfamilienministerin Franziska Giffey ihren Doktortitel verlieren würde. Dass es nun anders kam, begründet die Freie Universität Berlin (FU) mit einem Zitat aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Fall Margarita Mathiopoulos. Danach müssen „die Plagiatsstellen die Arbeit quantitativ, qualitativ oder in einer Gesamtschau beider Möglichkeiten prägen.“ Eine quantitative Prägung sei zu bejahen, wenn die Anzahl der Plagiatsstellen und deren Anteil an der Arbeit überhandnehmen. Das hat Universität nicht bejahen können.
Diese Entscheidung wirft gleich mehrere Fragen auf. Zunächst bleibt die Auswahl des Prüfungsmaßstabs, den die Universität angelegt hat, unbegründet. Für Juristen gehört die Festlegung dieses Maßstabes zur wichtigsten Entscheidung einer Falllösung. Sie gibt das Prüfprogramm vor und kann sogar ein Ergebnis präjudizieren. Ganz offensichtlich hat die FU einen Prüfungsmaßstab gewählt, der für Giffey günstig ist. Denn in der zitierten Gerichtsentscheidung finden sich auch ganz andere Feststellungen, anhand derer man den Plagiatsfall hätte prüfen können, etwa: „Schlechthin grundlegend ist die Pflicht, das Gebot der Eigenständigkeit der Promotionsleistungen zu erfüllen. Der Promovend muss einen eigenen Beitrag zum Wissenschaftsprozess erbringen; er darf nicht fremde Beiträge als eigene ausgeben.“
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