Den Moment zum Rückzug hat er verpasst

Boris Johnson, diese Erkenntnis muss für einen Politiker wie den britischen Premierminister schmerzlich sein, ist doch nicht die große Ausnahmeerscheinung, als die er sich gerne sieht. Auch er hat, wie viele andere vor ihm, den Moment verpasst, in dem ein Rückzug vom Amt noch halbwegs in Ehren möglich gewesen wäre.
Zwar hat er es noch einmal geschafft, die durch Rücktritte wichtiger Kabinettsmitglieder frei gewordenen Plätze mit Loyalisten neu zu besetzen. Aber sein Ruf im Land ist irreparabel beschädigt. Ein weiteres Mal ist er beim Lügen ertappt worden. Seine wieder routiniert vorgetragenen Bitten um Entschuldigung kann niemand mehr ernst nehmen.
Glaubwürdigkeit sieht anders aus
Auch diejenigen, die jetzt fluchtartig das zumindest leckgeschlagene Regierungsschiff verlassen, stehen nicht unbefleckt da. Auch sie haben den richtigen Moment für ihren Absprung verpasst. Die Affäre um den Abgeordneten Pincher ist ja nur das (vorläufig?) letzte Kapitel einer Serie von mehr oder weniger großen Skandalen.
Der ehemalige Schatzkanzler und der ehemalige Gesundheitsminister müssen sich vorhalten lassen, dass sie untätig zugeschaut haben, solange Johnson „nur“ die Öffentlichkeit belogen hat. Nun aber hat er in der Pincher-Affäre auch seine engsten Weggefährten hinters Licht geführt. Und prompt entdecken die ihr Gewissen. Glaubwürdigkeit sieht anders aus.
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