Boris Johnson am Tiefpunkt
„Wo ist Boris?“, fragt der „Spectator“, der sonst immer weiß, wo sich der Premierminister aufhält und warum er gerade zu Unrecht kritisiert wird. Die traditionsreiche Zeitschrift wurde nicht nur viele Jahre von Johnson geleitet – sie schwärmte früh für den Brexit und warb leidenschaftlich für „Boris’“ Einzug in die Downing Street. Jetzt sagt ihm der Chefredakteur des Magazins ein vorzeitiges Ende voraus, wenn er sein Amt nicht bald in den Griff bekomme.
Johnson hat zweifellos den Tiefpunkt erreicht, seit er im Dezember einen der triumphalsten Wahlsiege in der Geschichte der Konservativen errungen hat. In den Umfragen ist sein Vorsprung vor dem Chef der gebeutelten Labour Party, Keir Starmer, zusammengeschmolzen. Erstmals seit langem stehen beide Parteien gleichauf. Die satte Mehrheit, über die Johnson im Parlament verfügt, kann ihm so schnell niemand nehmen, und sein Kabinett zeigt keine Risse. Aber das Grummeln in der Partei, gerade unter früheren Bewunderern, ist unüberhörbar. Es lässt sich nicht mehr abtun als Kritikfolklore frustrierter „Remainers“. Bilanziert wird am Ende, und die Johnson-Loyalisten beharren nicht zu Unrecht darauf, dass weder die Corona-Pandemie noch der Brexit-Prozess an ein solches Ende gekommen sind. Aber bisher lässt sich Johnsons Vorgehen an diesen beiden Hauptfronten nicht anders als erratisch und fehlerhaft bezeichnen. Der Mann, der für seine Führungsstärke und seinen Optimismus gewählt wurde, wirkt planlos und fahrig, manche sagen sogar: gebrochen.
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