Ist ein Betrugsskandal schuld am größten Superspreader-Ereignis der Welt?

Furcht vor dem Coronavirus haben die wenigsten, als sie im April beim indischen Kumbh-Mela-Fest zu rituellen Waschungen in den Ganges springen. Teilweise nackt und in Asche eingerieben, tauchen die Sadhus, die „heiligen Männer“, in das Wasser ein. Sie stehen Schulter an Schulter. Niemand trägt noch eine Maske. Dabei breitet sich schon zu dieser Zeit die zweite Infektionswelle in Indien auf bedrohliche Weise aus. Die meisten Inder gehen nach Monaten niedriger Infektionszahlen aber da noch davon aus, dass das Schlimmste schon hinter ihnen liegt. Viele Pilger folgen auch dem unerschütterlichen Glauben, dass der heilige Fluss sie sogar vor SARS-CoV-2 beschützen würde. Millionen Teilnehmer des Fests vertrauen außerdem den Beteuerungen der Behörden, dass die Massenveranstaltung dank Vorkehrungen wie der obligatorischen Corona-Tests sicher ist.
Die Folgen sind in den Wochen darauf zu sehen, als überfüllte Krankenhäuser sterbende Corona-Patienten ablehnen müssen, die Menschen buchstäblich in der Warteschlange ersticken und den Krematorien vor Überlastung das Holz ausgeht. Denn einige Wochen später ist klar, dass die Vorstellung von einer sicheren Kumbh Mela ein Trugschluss war. Untersuchungen haben ergeben, dass die religiöse Massenveranstaltung neben anderen Entwicklungen tatsächlich zu einer rapiden Ausbreitung des Virus in Indien beigetragen hat. Tausende waren nach ihrer Rückkehr positiv getestet worden. Kritiker sprechen sogar von dem weltweit wohl größten „Superspreader-Ereignis“ der Corona-Krise. Die Ursache dafür lag auch in der Missachtung von Abstands- und Hygieneregeln.
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