Putins fatale Echokammer

Wenn eines Tages die Geschichte des Ukrainekrieges geschrieben wird, dürfte die Schilderung der Moskauer Fehleinschätzungen vor dem Überfall am 24. Februar breiten Raum einnehmen. Russische Journalisten versuchen schon jetzt, diesen Aspekt auszuleuchten – aus dem Ausland, denn in der Heimat ist ihre Arbeit unmöglich geworden. Präsident Wladimir Putin sei sich des Sieges sicher gewesen, zitiert Roman Anin vom Investigativportal „Waschnyje Istorii“ (Wichtige Geschichten) in einer am Montag veröffentlichten Recherche einen seiner Gesprächspartner, „weil wir mit Georgien 2008 in einer Woche fertig wurden, die Krim 2014 ohne einen Schuss einnahmen und in Syrien auch recht leicht klarkamen. Und dann, im Jahr 2022, berichten alle, dass man uns in der Ukraine quasi mit Blumen erwartet. Also legte man los.“
Früher recherchierte Anin für die „Nowaja Gaseta“, sein eigenes Projekt gibt es seit 2020. Seit August 2021 gelten er, etliche seiner Kollegen sowie die in Lettland registrierte Herausgebergesellschaft von „Waschnyje Istorii“ als „ausländische Agenten“, das Medium seit Anfang März zudem als „unerwünschte Organisation“. Das ist ein faktisches Tätigkeitsverbot, denn jede Mit- und Zuarbeit ist unter hohen Strafandrohungen verboten. Außerdem ist die Website Istories.media in Russland nun wegen angeblicher Falschinformationen über den Krieg blockiert.
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