Der verlängerte Arm der AfD?

Die Schwäche Pegidas war seit Beginn ihres Aufstiegs nicht nur ihre Doppelbödigkeit. Sie gab sich bieder, verstand sich aber auch als radikal; sie stellte salonfähige Forderungen, wandelte dabei aber auch am Rande der Volksverhetzung. Doch das eigentliche Problem Pegidas bestand darin, dass die „Spaziergänge“ durch Dresden sich immer wieder buchstäblich im Kreise drehten. Weder Organisatoren noch Sympathisanten wussten, auf was dieser Protest eigentlich hinauslaufen sollte. Verkörperung beider Schwierigkeiten war Lutz Bachmann, einer der Initiatoren, der nicht genug davon bekommen konnte, einmal in der Woche eine jubelnde Menschenmasse in der Hand zu haben.
Mit dem unrühmlichen und possenhaften Abgang Bachmanns war klar, dass es Pegida in alter Form nicht mehr geben würde. Verschwunden ist die „Bewegung“ deshalb nicht, die eigentlich zu keinem Zeitpunkt schon eine Bewegung war – jedenfalls nicht über Dresden und Sachsen hinaus. Der neue Titel, den sich die von Bachmann enttäuschten Pegida-Aktivisten geben wollen, folgt dem Ratschlag, doch die „Islamisierung“ und das „Abendland“ zu streichen, also die Wörter, die darauf schließen ließen, dass es mit der politischen Vernunft der Veranstalter nicht weit her ist. Ob sie nun „Bewegung für direkte Demokratie in Europa“ heißen wird oder anders – die Geburtsfehler Pegidas, die Doppelbödigkeit und die Orientierungslosigkeit, werden ihre Mitbegründer dadurch nicht los.

Die Entwicklung in Dresden deutet allerdings schon seit Tagen darauf hin, dass in den Gesprächen zwischen der sächsischen AfD und Pegida nicht nur die Reste eines islamkritischen Christstollens gegessen wurden. Die Pegida-konformen Vorschläge Alexander Gaulands – Aufnahmestopp für Muslime aus dem Nahen Osten – zeigen, was ein Teil der AfD in der Dresdner Veranstaltung sieht: eine außerparlamentarische Oppositionsbewegung, die der AfD neue Anhänger und Wähler zuspült.
Am Wochenende wird die AfD in Bremen eine Mitgliederversammlung abhalten, die nicht nur darüber entscheidet, wie viele Vorsitzende die Partei in Zukunft haben soll. Es geht auch darum, ob die „Alternative“ weiter den Weg eines eurokritischen Liberalismus geht oder zur Heimat von Wutbürgern aller Art werden soll. Es wird interessant zu sehen sein, wie sich Politiker, die sich zur Bildungselite zählen, dadurch zu Frontmännern der „Eliten-Kritik“ machen.