Wie ein Spiel Kinder gefährdet

Männer und Frauen wälzen sich auf Matten und raufen, rangeln, nehmen Kindergartenkinder in die Arme und kommen ihnen dabei sehr nah, das sind die Werbevideos von „Original Play“, das durch massive Missbrauchsvorwürfe in Hamburg und Berlin ins Gerede gekommen ist. Es handelt sich um ein sogenanntes Spiel, das für alles gut sein soll: für Aggressive, für ADHS-Kinder, für Säuglinge, Flüchtlinge, Strafgefangene, schwierige Kinder im Kindergartenalter und Ältere. Auch in Schulen kommt es zum Einsatz. „Das Spiel“, heißt es jedenfalls auf der offiziellen Internetseite von „Original Play“ „versucht Beziehungen zwischen Individuen und Gruppen zu verbessern, indem Aggression und Gewalt zwischen Menschen durch Freundlichkeit und Liebe ersetzt werden und jedes Kind sich sicher und geliebt fühlt.“
Wohlweislich sagen die Verantwortlichen nicht mehr laut, in welchen Einrichtungen sie konkret „gespielt haben“, wie Uwe R. aus Hamburg das nennt, der Workshops für den internationalen Verein mit Sitz in Österreich organisiert und selbst verschiedene Kitas geleitet hat. Eltern in Hamburger und Berliner Kita erhoben Missbrauchsvorwürfe. Mangels Beweisen stellten die jeweiligen Staatsanwaltschaften ihre Ermittlungen aber ein. In Berlin hatte ein Vater von sexuellen und gewalttätigen Übergriffen berichtet, die das Kind auch vorgespielt habe, offenbar kein Einzelfall. Doch weder die Kirche noch die Kitaleitung oder der Träger hatten dem Kind geglaubt. Die Hamburger Sozialbehörde hat die Träger schon vor Jahren davor gewarnt, „Original Play“ einzusetzen. Das Konzept werde als völlig ungeeignet gesehen, sagte ein Sprecher. Doch das pädagogische Programm der Kitas und Kindergärten sei Sache der Träger. Der betroffene Kirchenkreisverband als Kitaträger der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hatte im Mai 2018 entschieden, das Spiel nicht mehr zuzulassen. In anderen kirchlichen Räumen fanden aber nachweislich weiterhin Workshops von „Original Play“ statt.
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