Biden: Mission des Afghanistan-Einsatzes „erfüllt“

Der amerikanische Präsident Joe Biden hat seine Entscheidung für einen vollständigen Truppenabzug aus Afghanistan bis zum 11. September begründet. Die Vereinigten Staaten seien 2001 in dem Land einmarschiert, damit es nicht wieder Ausgangspunkt von Anschlägen gegen Amerika werde, sagte Biden am Mittwoch bei der offiziellen Verkündung eines vollständigen Truppenabzugs aus Afghanistan bis September. „Wir haben dieses Ziel erfüllt.“ Deshalb sei es an der Zeit, Amerikas längsten Krieg zu beenden. „Es ist Zeit, dass die amerikanischen Soldaten nach Hause zurückkehren.“
Bereits vor zehn Jahren sei der Drahtzieher der Anschläge vom 11. September, Al-Qaida-Gründer Usama Bin Ladin, getötet worden, sagte Biden. „Danach wurden unsere Gründe für einen Verbleib in Afghanistan immer unklarer.“ Die „terroristische Bedrohung“ habe sich inzwischen in zahlreiche Länder ausgebreitet. Da sei es nicht sinnvoll, „tausende Soldaten in einem Land zu konzentrieren“.
Die Vereinigten Staaten könnten nicht ständig ihre Truppenpräsenz in Afghanistan in der Hoffnung aufstocken, die „idealen Voraussetzungen für unseren Abzug zu schaffen“, sagte Biden im Weißen Haus. Er sei bereits der vierte amerikanische Präsident, unter dem seit Ende 2001 Soldaten in Afghanistan stationiert seien. „Ich werde diese Verantwortung (eines Abzugs) nicht auf einen Fünften schieben.“
„Wegen eines entsetzlichen Angriffs einmarschiert“
Ein Regierungsvertreter in den Vereinigten Staaten hatte am Dienstag Bidens Beschluss bekanntgegeben, alle verbliebenen amerikanischen Soldaten in Afghanistan bis zum 11. September abzuziehen. Das symbolische Datum ist der 20. Jahrestag der Terroranschläge auf das World Trade Center in New York und das Verteidigungsministerium in Washington 2001. Die Vereinigten Staaten waren nach den Anschlägen in Afghanistan einmarschiert und hatten die radikalislamischen Taliban, die dem Terrornetzwerk Al-Qaida Unterschlupf geboten hatten, von der Macht verdrängt.
Bidens Vorgänger Donald Trump hatte den Taliban im vergangenen Jahr einen vollständigen Truppenabzug bis zum 1. Mai zugesagt. Biden verschob diese Frist nun um knapp viereinhalb Monate. Der Abzug werde nicht überhastet vorgenommen, sondern verantwortungsvoll, sicher und durchdacht sowie vollständig abgestimmt mit den Verbündeten.
Kritiker befürchten ein neues Aufflammen des Bürgerkriegs nach einem Abzug der westlichen Truppen – und einen Sturz der afghanischen Regierung durch die Taliban. Biden versprach der Regierung in Kabul am Mittwoch weitere Unterstützung unter anderem für die Sicherheitskräfte des Landes: „Obwohl wir in Afghanistan nicht weiter militärisch involviert sein werden, wird unsere diplomatische und humanitäre Arbeit weitergehen.“ Er betonte zugleich, die Vereinigten Staaten würden nicht mehr „militärisch“ aktiv sein.
„Wir sind wegen eines entsetzlichen Angriffs vor 20 Jahren in Afghanistan einmarschiert“, sagte Biden in seiner Rede. „Das kann nicht erklären, warum wir im Jahr 2021 dort bleiben sollten.“
Ghani respektiert die Entscheidung
Afghanistan hat die Entscheidung zum Abzug der Truppen nach fast 20 Jahren Einsatz am Hindukusch zurückhaltend aufgenommen. Die Islamische Republik Afghanistan respektiere die Entscheidung der Vereinigten Staaten, schrieb der afghanische Präsident Aschraf Ghani nach einem Telefongespräch mit Joe Biden am Mittwoch auf Twitter. Man werde mit den amerikanischen Partnern zusammenarbeiten, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten.
Zudem wolle man weiter mit den Vereinigten Staaten und der Nato an den laufenden Friedensbemühungen arbeiten, schrieb Ghani weiter. Der Präsident versicherte gleichzeitig, dass die Sicherheitskräfte des Landes in der Lage seien, das Land und die Bevölkerung zu verteidigen.
Zuletzt befanden sich nach offiziellen Angaben noch 2500 amerikanische Soldaten in Afghanistan. Insgesamt ist die Nato mit rund 9600 Soldaten in dem Land, darunter sind rund 1100 Bundeswehrsoldaten. Die Abzugspläne waren am Mittwoch Thema einer Sondertagung des Nordatlantikrates.