Rockywood nicht nur für Mieter gedacht

Eike Becker mag Offenbach. Das Unfertige, das Offene reizt den in ganz Deutschland engagierten Architekten sehr, der mit seinem Berliner Team den Bürokomplex Rockywood entwickelt hat. Am Mittwoch haben die Bauarbeiten am Offenbacher Hafen offiziell begonnen. Gemeinsam mit dem Hamburger Projektentwickler Primus und dessen Chef Achim Nagel hat Becker einen nachhaltigen Bürokomplex entwickelt, dessen größere, L-förmige Komponente zu großen Teilen aus Holzmodulen besteht.
Der Keller, das Erdgeschoss und sicherheitsrelevante Teile der fünf Geschosse sind auch im Gebäude namens Wood aus Beton, ansonsten wird das Gebäude komplett aus Holzmodulen gefertigt. Damit halbiert sich nicht nur die Bauzeit im Verhältnis zum konventionellen Bauen mit Beton, die CO2-Bilanz des Gebäudes fällt auch sehr viel besser aus, weil das verbaute Holz rund 2300 Tonnen CO2 bindet. Zudem forstet Primus das verbaute Holz wieder auf. Primus nennt das „Wood Cycle Konzept“. „Mich hat positiv überrascht, dass für unsere Mieter, neben der wunderbaren Lage am Hafenbecken mit Blick auf die Frankfurter Skyline die CO2-positive Bauweise so wichtig geworden ist“, sagte Nagel.
Neue Heimat für Offenbacher Boxclub
In 15 Monaten sollen die beiden Gebäude errichtet sein, die dann auf einem gemeinsamen Grund von rund 10.000 Quadratmetern stehen, verbunden durch einen öffentlichen Platz, den Becker „die Plaza“ nennt. Für ihn ist dieser Platz nach seinem Bekunden gar das Herz des Projektes. Denn er sieht eine zentrale Aufgabe der Architektur darin, Kommunikation von Menschen zu ermöglichen, wie er sagt – und zwar gerade auch von solchen aus ganz unterschiedlichen sozialen Zusammenhängen.

Deshalb ist es für ihn auch nur folgerichtig, diesem Platz nicht nur für diejenigen zugänglich zu machen, die „im Rocky und im Wood“ arbeiten, sondern gerade auch für die Bewohnerinnen und Bewohner des Offenbacher Nordends. Dabei kommt es Becker auch darauf an, dass die Kinder des Viertels den neuen Platz am Hafen annehmen. „Wenn eine Stadt gut ist für Kinder, dann ist sie für alle gut“, sagt er.
Zu Beckers Verständnis von Architektur passt auch, dass der Boxklub Nordend mit seiner Präventions-, Integrations- und Jugendarbeit im ersten Geschoss des Wood sein neues Domizil finden wird, nachdem die alte Boxklubhalle dem neuen Projekt weichen muss. Immerhin knapp 15 Jahre hatte der Klub dort sein Domizil, in dem der Sportliche Leiter Bernd Hackfort, Präsident Wolfgang Malik und ihre Helfer den jungen Offenbacherinnen und Offenbachern nicht nur sportliche Erfolge ermöglichen, sondern auch mit Nachhilfeangeboten für ein schulisches Fortkommen sorgen. Daniela Matha, Geschäftsführerin des für die Entwicklung des Hafenviertels verantwortlichen Stadtwerke-Unternehmens OPG, und Oberbürgermeister Felix Schwenke (SPD) zeigten sich denn auch sehr erfreut darüber, dass es in gemeinsamer Anstrengung mit dem Investor gelungen sei, den vielfach ausgezeichneten Boxklub am Hafen zu halten und in den Neubau zu integrieren.
Nachdem sich das Projekt wegen einer zeitweise Schwäche des Büromarktes verzögert hatte, meldet Primus inzwischen eine Vermietung von kapp 60 Prozent. Im massiv mit viel Glas ausgeführten Rocky unmittelbar an der Hafenpromenade und dem Fahrrad-Schnellweg nach Frankfurt wird das Unternehmen E-Bike Advanced Technologies auf etwa 1800 Quadratmetern mit seiner Administration einziehen, die bislang an der Frankfurter Stephanstraße ansässig ist. Im vierten Geschoss des Wood hat sich die Firma TMS Trademarketing Service rund 1900 Quadratmeter gesichert.
Den bisherigen Frankfurter Standort an der Hanauer Landstraße hat TMS verlassen. Im dritten Obergeschoss des Wood soll den Angaben zufolge ein Geo-Engineering-Cluster mit Blasius Schuster und CDM Smith entstehen. Den Umweltexperten von CDM Smith ist der Offenbacher Hafen bestens vertraut: Das Unternehmen hat die Umwandlung des früheren Industrie- und Ölhafens in ein attraktives Wohn- und Büroquartier begleitet, das sich großer Beliebtheit erfreut. Schwenke, der als Dezernent auch die Wirtschaftsförderung verantwortet, sieht hier einmal mehr die Strategie der Stadt bestätigt, sich als Standort für innovative Unternehmen zu empfehlen.

Derweil blickt Architekt Becker auch schon auf das, was demnächst neben Rockywood geplant ist: der Neubau der Hochschule für Gestaltung. Dort würde Becker nach eigenem Bekunden sehr gern tätig werden. Der entsprechende Wettbewerb soll im Herbst entschieden werden.
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