Wenn die Polizei beim OB klingelt

Es gilt die Unschuldsvermutung. Und doch: Die Polizei durchsucht oder besucht, je nach Betrachtungsweise, das Büro des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt. Was für eine Schande nicht nur für den Amtsinhaber Peter Feldmann (SPD), sondern auch für die stolze Stadt. Die historische Peinlichkeit ist ein Anlass, noch einmal ganz sachlich darauf hinzuweisen, worum es dabei geht. Die Staatsanwaltschaft hat wegen des Verdachts der Vorteilsannahme Anklage erhoben, weil Feldmanns inzwischen getrennt von ihm lebende Ehefrau als Leiterin einer Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt (AWO) „ohne sachlichen Grund“ ein übertarifliches Gehalt bezogen und einen Dienstwagen gestellt bekommen habe. Zudem soll die AWO, Feldmanns ehemaliger Arbeitgeber, seinen OB-Wahlkampf im Jahr 2018 durch Einwerbung von Spenden unterstützt haben.
Noch muss das Landgericht entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird. Selbst Feldmanns Anwalt geht davon aus, dass es dazu kommt. Und Feldmann? Macht weiter, beteuert seine Unschuld, empfängt am Mittwoch sogar die Frankfurter Eishockey-Löwen zur Aufstiegsfeier im Römer. Was für eine Chuzpe. Nun könnte man sagen, Feldmann ist konsequent. Er hält sich für unschuldig. Er ist der mit breiter Mehrheit direkt gewählte Oberbürgermeister, warum sollte er seine Termine nicht wahrnehmen? Durchsuchung in seinem Amtszimmer hin oder her – bis ein rechtskräftiges Urteil gefällt ist, werden Jahre vergehen. Denn es ist wahrscheinlich, dass die unterlegene Partei Revision einlegen wird. Bis dahin macht er halt seinen Job. Der Mann hat nämlich Chuzpe.
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