Ein Pokerspiel wäre würdelos

Der Schleier lüftet sich. Ganz aus eigenem Antrieb, wie am Dienstag die Erklärung aus Ho-Chi-Min-Stadt den Anschein gab, hat Peter Feldmann ganz offenbar seinen Rücktritt nicht angekündigt. Er war kurz zuvor darüber informiert worden, wann der Prozess vor dem Landgericht gegen ihn beginnt. Mitte Oktober soll es so weit sein, dass erstmals ein Frankfurter Stadtoberhaupt wegen Korruptionsverdachtes vor Gericht stehen wird. Das ist dramatisch genug. Aus der Sicht von Feldmann überdies noch zu einem ungünstigen Zeitpunkt, sollte die Stadtverordnetenversammlung beschließen, seine Abwahl für November zu terminieren. Dann wäre aller Voraussicht nach der Prozess in seiner heißen Phase und die Causa Feldmann in aller Munde. Der Wähler wäre mobilisiert und die Hürde des Quorums (mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten müssen sich gegen den Rathauschef aussprechen) viel leichter zu nehmen.
Ein solcher Rauswurf hätte für Feldmann die Folge, dass er mit dem Tag, an dem das Wahlergebnis amtlich festgestellt ist, den Posten verloren hat. Das Risiko will er nun offenbar vermeiden. Wie stark dabei auch mitschwingt, der Stadt „ein quälendes und teures Abwahlverfahren ersparen“ zu wollen, wie er schrieb, bleibt dahingestellt. Jedenfalls müssen die Stadtverordneten nun einen kühlen Kopf bewahren und dürfen sich das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen.
Ein weiteres Feldmann-Rätsel
Die Posse des Rücktritts auf Raten darf in keine Pokerpartie münden, zu welchen Konditionen Feldmann sein Amt aufgibt. Die Stadtverordnetenversammlung als höchstes Organ der Stadt muss eine kurzfristige, verbindliche Zusage von ihm fordern und darf sich nicht darauf einlassen, das Rücktrittsgesuch werde Anfang nächsten Jahres erfolgen.
Weshalb er den Prozess noch als Frankfurter Oberbürgermeister führen will, bleibt vorerst ein weiteres Rätsel des Peter Feldmann. Die Unschuldsvermutung gilt für ihn auch als einfacher Bürger. Das wird ein Prozess mit Haken und Ösen werden, hoffentlich aber kein Spektakel. Vorteilsannahme ist ein komplexes Delikt. Ob durch eine Günstlingswirtschaft ein Klima erzeugt wurde, in dem die Unbestechlichkeit der öffentlichen Hand gefährdet war, lässt sich mitunter nur mühsam beweisen. Der Ausgang des Verfahrens ist offen, eine Verurteilung erscheint derzeit ebenso möglich wie ein Freispruch. Ob Peter Feldmann darauf spekuliert, was aus letzterem folgen würde, auch das weiß derzeit nur er selbst.
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