Berufsberatung mit Dolmetscher

Menschen aus der Ukraine, die seit dem Ausbruch des Krieges in ihrer Heimat nach Frankfurt geflohen sind, werden seit dem 1. Juni durch das Jobcenter betreut. Statt wie bisher Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz zu erhalten, können sie Grundsicherung beantragen. Dafür müssen allerdings einige Voraussetzungen, etwa die zweifelsfreie Klärung der Identität, erfüllt werden. Außer etwa 80 Euro mehr, die den Flüchtlingen durch den Wechsel zur Verfügung stehen, werden sie außerdem in die gesetzliche Krankenkasse aufgenommen. Den eigentlichen Vorteil aber sieht Claudia Czernohorsky-Grüneberg, Geschäftsführerin des Jobcenters Frankfurt, in einem anderen Punkt: Den Menschen aus der Ukraine wird nun eine möglichst individuelle Unterstützung bei dem Eintritt in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt angeboten.
So soll beispielsweise in einem Erstgespräch geklärt werden, welche Qualifikation die Ukrainerinnen und Ukrainer mitbringen und welche Unterstützung sie benötigen, um schnellstmöglich auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Einmal gehe es darum, bei der Anerkennung von Schul- und Berufsabschlüssen zu unterstützen, ein anderes Mal seien Weiterbildungsangebote gefragt. „Das Aufnahmeprofiling ist wichtig, damit wir gut beraten können“, sagt Czernohorsky-Grüneberg.
Während der Antrag auf Grundsicherung online gestellt werden kann, findet die Beratung im persönlichen Gespräch statt. Dafür seien schon vor Wochen erste Einladungen an jene Menschen verschickt worden, die formal alle Voraussetzungen für den Wechsel in die Grundsicherung erfüllen, berichtet Czernohorsky-Grüneberg. Darüber hinaus wurden für die Onlineanträge zweisprachige Arbeitsunterlagen erstellt. Zudem wurde die Homepage komplett überarbeitet und um einen „Ukraine-Bereich“ ergänzt. Etwa 20 Dolmetscher unterstützen die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit und während der Beratungssituationen.
Supervisionsangebote für Mitarbeiter des Jobcenters
Die Frankfurter Jobcenter haben in den vergangenen Wochen schon mehr als 4500 Bedarfsgemeinschaften identifiziert, die die Voraussetzungen erfüllen, die Leistungen zu beziehen. „Wir haben frühzeitig Vorkehrungen getroffen, um einen reibungslosen Übergang der ukrainischen Geflüchteten ins SGB II zu gestalten und arbeiten eng mit den Ausländerbehörden, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und dem Jugend- und Sozialamt zusammen“, sagt die Geschäftsführerin. Dass die Mitarbeiter des Jobcenters in Frankfurt extreme Belastungsspitzen stemmen können, haben sie nach Aussage von Czernohorsky-Grüneberg schon in der Corona-Krise bewiesen.
Denn in den vergangenen zwei Jahren, als viele Branchen ihre Mitarbeiter entlassen mussten, seien Tausende neue Bedarfsgemeinschaften in das System aufgenommen worden. Einen Unterschied zur Corona-Krise gibt es dennoch: Diesmal erhalten die Mitarbeiter der Jobcenter Supervisionsangebote. Denn die Geschichten und Schicksale, mit denen sie gleich hundertfach in den persönlichen Beratungsgesprächen konfrontiert werden, wirken nach.
Gesetzliche Voraussetzung für den Bezug von SGB II sind die zweifelsfreie Klärung der Identität und der damit verbundenen Speicherung der Daten im Ausländerzentralregister sowie eine sogenannte Fiktionsbescheinigung. Mithilfe dieses offiziellen Dokuments können Ausländer in Deutschland ein vorhandenes vorläufiges Aufenthaltsrechts nachweisen. Viele Anträge zur Ausstellung der Fiktionsbescheinigung seien zwar schon gestellt und bearbeitet worden, nicht alle aber wurden schon ausgestellt.
Das habe teilweise ganz banale Gründe. So habe es besonders in der Anfangszeit deutschlandweit nicht genügend Vordrucke für die Fiktionsbescheinigungen gegeben, sagt Czernohorsky-Grüneberg. Weil aber ohne das offizielle Dokument der komplette Prozess ins Stocken gerät und eine schnelle Integration in den Arbeitsmark womöglich verhindert wird, können die Mitarbeiter der Jobcenter seit Juni auf das Ausländerzentralregister zuzugreifen, um den Bearbeitungsstatus zu kontrollieren.
Lesermeinungen