Journalist tot, Nationalspieler suspendiert

Nach dem Tod des Journalisten Rasim Alijew ist der aserbaidschanische Nationalspieler Dschavid Huseynow von seinem Klub FK Qäbälä suspendiert worden. Huseynow, Kapitän des Klubs und 38-maliger Nationalspieler, steht im Verdacht, in Zusammenhang mit dem Überfall auf Alijew zu stehen, an dessen Folgen dieser am Sonntag starb.
Huseynow hatte mit seinem Klub am Donnerstag das Europa-League–Qualifikationsrückspiel gegen Apollon Limassol bestritten und mit einem verwandelten Elfmeter das einzige Tor des Spiels erzielt, das seinem Klub zum Einzug in die nächste Runde verhalf. Anschließend posierte er mit einer türkischen Flagge.
Posen mit türkischer Flagge
Auf die Frage eines griechischen Reportes, warum er mit dieser Flagge posiere, hatte Huseynow nach Alijews Ansicht unflätig reagiert. Alijew kritisierte den Fußballspieler dafür in einem Facebook-Eintrag. Daraufhin, so erzählte es Alijew in einem Interview, das er vor seinem Tod vom Krankenbett aus gegeben hat und das der aserische Auslandssender „MeydanTV“ auf seine Website gestellt hat, habe er einen Anruf von Huseynow und einen von einer Person erhalten, die sich als Huseynows Cousin ausgegeben habe.

Letztere Person habe ihn zunächst beleidigt, in einem späteren Telefonat aber um ein Gespräch gebeten. Alijew habe einem Treffen zugestimmt. Am vereinbarten Ort angekommen, sei er hinterrücks überfallen, mit Eisenstangen verprügelt und ausgeraubt worden, seiner Wahrnehmung nach von sechs bis sieben Personen.
Ermittlungen unter „persönlicher Kontrolle“ des Präsidenten
Nach dem Interview verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Journalisten offenbar dramatisch, so dass er am Sonntag gegen fünf Uhr morgens starb. Das Nachrichtenportal Azadliq.org zitiert aus einer Stellungnahme des aserbaidschanischen Innenministeriums und des Generalstaatsanwalts: „Rasim Alijew wurde am 8. August gegen 18 Uhr von Unbekannten in Bayil (einem Stadtteil der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku, d. Red.) verprügelt. Er wurde mit ernsten und zahlreichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Er starb am 9. August gegen fünf Uhr an den Folgen dieser Verletzungen. Alijews Schwester teilte am Sonntagabend mit, ihr Bruder sei an inneren Blutungen gestorben.
Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew kündigte eine „schnelle und umfassende“ Untersuchung des Falles an. Die staatliche aserische Nachrichtenagentur „Azertac“ teilte mit, die Untersuchung des Falles stehe unter „persönlicher Kontrolle“ des Präsidenten.
Fußballspieler Huseynow bestritt in einem Facebook-Post jegliche Beteiligung an dem Überfall auf den Journalisten. Sein Klub teilte in einer Stellungnahme mit: „Wir bedauern sehr, dass Dschavid Huseynows Name in diesem Mordfall auftaucht. Wir hoffen, dass die tatsächlichen Verantwortlichen ermittelt und ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.“ Huseynow sei ein wertvoller Spieler der Mannschaft, zum jetzigen Zeitpunkt sei eine Suspendierung bis zur Aufklärung des Falles aber „besser“.
Oppositionelles Gedenken vor Gericht
Der Fußballspieler hatte bereits im Hinspiel gegen Limassol für Aufsehen gesorgt, als er nach seinem Tor zum 1:1-Ausgleich in der 90. Minute, ebenfalls per Elfmeter, abfällig Richtung Publikum gestikulierte. Die Zyprer hatten daraufhin eine Sperre Huseynows für das Rückspiel gefordert, die Europäische Fußball-Union (Uefa) hatte das abgelehnt.

Rasim Alijew, der für regierungskritische Medien arbeitete und nicht mit dem Präsident verwandt ist, war nach eigener Darstellung bereits in der Vergangenheit mehrfach bedroht und von aserischen Sicherheitskräften körperlich angegriffen worden. Erst am 25. Juli hatte er sich via Facebook erkundigt, wo er Bedrohungen melden könne. Und aserbaidschanische Journalisten im Exil hielten nach Bekanntwerden des Überfalls auf Alijew fest, dass dieser sich exakt ein Jahr nach der Schließung des Instituts für die Freiheit und Sicherheit von Reportern in Baku durch die Regierung ereignete. Rasim Alijew hatte zuvor für das Institut gearbeitet.
Aserische Oppositionelle und regierungskritische Journalisten gedachten Alijews am Montag mit einer Schweigeminute vor dem Gerichtsgebäude in Baku, in dem derzeit der bekannten Journalistin Chadidscha Ismajilowa der Prozess gemacht wird.