DFB lässt Gras über WM-Affäre wachsen
Wird der Deutsche Fußball-Bund (DFB) so einfach davon kommen? Wenn es nach ihm selbst geht, schon. Am Freitag in Frankfurt wurde es überdeutlich: Die deutsche Fußball-Führung bescheinigt sich brutalstmögliche Aufklärung, wenn es um die Vergabe der WM 2006 an Deutschland geht. Man hat zwar immer noch nicht viel herausbekommen, die zentralen Fragen sind offen – aber das bisschen, was man weiß, hat so viel Geld gekostet, dass es aller Ehren wert ist und jetzt reicht.
Reinhard Grindel, der frisch gewählte Präsident, ist so stolz auf das bisher Erreichte, dass er keine weiteren Aktivitäten mehr für nötig hält, um aufzuklären, warum im Jahr 2002 eigentlich 6,7 Millionen Euro auf Umwegen nach Qatar überwiesen wurden. Mit dem Gutachten der Kanzlei Freshfields habe der DFB in einer „Art und Weise Aufklärung betrieben, die ihm neue Integrität verschafft“, sagte er nach seiner Wahl. So einen Aufwand habe noch nie ein Sportverband betrieben.
Also Klappe zu? So hätten es die Herren wohl gerne, allerdings geht das nicht sofort. Unbequeme Fragen und Aufforderungen müssen die Fußball-Funktionäre trotz aller Selbstbeweihräucherung noch aushalten. Und das nicht nur von lästigen Journalisten. Am Freitag gesellte sich ein Mann dazu, dessen Wort viel größere politische Wucht hat: Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Er gratulierte Grindel zur Wahl und sagte voraus, dass der CDU-Bundestagsabgeordnete und bisherige DFB-Schatzmeister mit „seiner großen journalistischen und politischen Erfahrung den DFB auf Kurs halten“ werde.
„Gelingen wird das, wenn die begonnene Aufklärungsarbeit konsequent weiter fortgesetzt wird.“ Schön gesagt vom Minister. Aber das hat Grindel eigentlich nicht vor. Der DFB überlässt die Arbeit den Staatsanwaltschaften in Frankfurt und der Schweiz, der Steuerbehörde und der Ethik-Kommission des Weltverbandes (Fifa), die in der Causa ermitteln. „Vielleicht finden die Staatsanwaltschaften das eine der andere zusätzlich heraus, wozu wir mit unseren Möglichkeiten als private Organisation nicht in der Lage sind“, sagte Grindel. Er selbst hat Wichtigeres vor: „Einen neuen DFB bauen.“

Es war, als hörte man bereits das Gras wachsen über die Affäre. Auch Wolfgang Niersbach, im vergangenen November im Zuge der WM-Affäre als DFB-Präsident zurückgetreten, ist in Frankfurt – in Abwesenheit der flackernden Lichtgestalt Franz Beckenbauer – mit freundlichem Applaus abgehakt worden. „Wir alle im Saal wissen, was du in 28 Jahren DFB geleistet hast“, rief Grindel ihm zu. „Ich reduziere dein Lebenswerk nicht auf wenige Wochen und eine Pressekonferenz.“ Zugegeben, Niersbachs Krisenmanagement und die Pressekonferenz nach Bekanntwerden der Verdachtsmomente waren misslungen. Aber der Kern des Problems war das nicht.