Coming-out bewusst vor Olympia in Sotschi
Als erster prominenter deutscher Fußballer hat der frühere Nationalspieler Thomas Hitzlsperger seine Homosexualität öffentlich gemacht. „Ich äußere mich zu meiner Homosexualität, weil ich die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern voranbringen möchte“, sagte Hitzlsperger der Wochenzeitung „Die Zeit“ (Donnerstag).
Er legte den Zeitpunkt seines Coming-outs bewusst kurz vor die Olympischen Winterspiele in Sotschi. Nach dem Ende seiner Laufbahn als Fußballprofi habe er jetzt Zeit „für dieses Engagement. Überdies habe ich das Gefühl, dass jetzt ein guter Moment dafür ist. Die Olympischen Spiele von Sotschi stehen bevor, und ich denke, es braucht kritische Stimmen gegen die Kampagnen mehrerer Regierungen gegen Homosexuelle“, sagte er im Interview der „Zeit“, das Abonnenten seit Mittwochnachmittag komplett vorliegt. Eine Outing- Drohung habe es nicht gegeben.
Der 31-Jährige war als Mittelfeldspieler mit dem VfB Stuttgart deutscher Meister geworden und hatte in der Bundesliga auch für den VfL Wolfsburg gespielt. Das Bewusstsein, homosexuell zu sein, sei „ein langwieriger und schwieriger Prozess“ gewesen, sagte der 31 Jahre alte frühere Profi. Hitzlsperger ist seit 2008 Kolumnist für „Zeit online“ und schreibt über Themen abseits des Fußballs. Die Reaktionen auf sein Coming-out sind positiv. Zwischen 2004 und 2010 absolvierte er 52 Spiele für die deutsche Nationalmannschaft.
„Erst in den letzten Jahren dämmerte mir, dass ich lieber mit einem Mann zusammenleben möchte“, sagte Hitzlsperger. Anfang September 2013 hatte der gebürtige Münchner sein Karriereende bekanntgegeben. Zuletzt spielte Hitzlsperger in England beim FC Everton. Er erklärte, warum er so lange über sein Schwulsein geschwiegen habe. „Wer ein Gefühl für die Stimmung in einer Mannschaft hat, der weiß einfach, was angesagt ist. Der Gruppenzwang kann enorm sein. Und genauso ist das in der Verwandtschaft“, sagte er und betonte: „Es gibt aber einen Unterschied zwischen Schweigen und Lügen.“
Homosexualität werde im Fußball „schlicht ignoriert“, sagte er. Bis heute kenne er keinen Fußballer persönlich, der das zu seinem Thema gemacht habe. „In England, Deutschland oder Italien ist Homosexualität kein ernsthaftes Thema, nicht in der Kabine jedenfalls“, erklärte Hitzlsperger, der sich 2007 kurz vor der geplanten Hochzeit von seiner langjährigen Freundin getrennt hatte. „Sie blieb die einzige Frau mich. Ich wollte nach ihr keine andere.“
Er habe sich immer wieder über die Widersprüche geärgert, die in der Fußballwelt im Umgang mit Homosexualität aufgebaut würden, sagte Hitzlsperger nun der „Zeit“. Das passe nicht zu dem Klischee, das sich viele Leute von einem Homosexuellen machten, nämlich: „Schwule sind Weicheier.“ Hitzlsperger erklärte dazu: „Ich habe mich nie dafür geschämt, dass ich nun mal so bin.“ Hitzlsperger wird sich nach Auskunft seiner Medienberater über eine um Mitternacht freigeschaltete Internetseite zudem per Videobotschaft äußern.