Neue Regeln für Transgender-Athletinnen erschweren Starts

Mit einer von sofort an gültigen Richtlinie hat der Internationale Schwimmverband (FINA) Starts von Transgender-Athletinnen bei Frauen-Wettkämpfen de facto ausgeschlossen. Die Richtlinie wurde am Rande der Schwimm-WM in Budapest auf einem außerordentlichen FINA-Kongress am Sonntag mit einer deutlichen Mehrheit von 196 der 274 abgegebenen Stimmen verabschiedet. Der Deutsche Schwimmverband enthielt sich, DSV-Präsident Troll verwies darauf, dass „noch zu viele Fragen im wissenschaftlichen und juristischen Bereich sowie zur praktischen Umsetzung unzureichend beantwortet sind, um eine endgültige Stellungnahme abzugeben.“
Sie sieht vor, dass eine Geschlechtsumwandlung vor dem zwölften Geburtstag einer Schwimmerin abgeschlossen sein müsste, um fortan bei Frauen-Wettkämpfen an den Start gehen zu können. Hintergrund der FINA-Maßgabe ist das Bestreben, Schwimmerinnen vor einem Wettbewerbsvorteil der Transgender-Athletinnen durch den Testosteron-Ausstoß eines männlichen Körpers während der Pubertät zu schützen. Es gehe um die Gewährleistung von Chancengleichheit, sagte FINA-Präsident Husain Al-Musallam.
Von Frauen-Wettkämpfen ausgeschlossen
Die Richtlinie gilt auch für hyperandrogene Sportlerinnen, im Regelwerk 46 XY DSD genannt. Die bekannteste Sportlerin, die mit XY-Chromosomen als Frau aufgewachsen ist, ist die südafrikanische Leichtathletin Caster Semenya, die gemäß dem Regelwerk des Internationalen Leichtathletik-Verbands das Testosteron-Niveau künstlich senken müsste, um auf den Mittelstrecken bei Frauen-Wettkämpfen antreten zu können.
Schwimmerinnen mit dieser Disposition sind fortan von Frauen-Wettkämpfen ausgeschlossen, es sei denn, sie haben ihr Testosteron-Niveau seit dem zwölften Lebensjahr auf 2,5 Nanomol pro Liter Blut gedrosselt. Die Richtlinie verpflichtet nationale Schwimmverbände, die Daten zu den Geschlechtschromosomen der bei internationalen Wettkämpfen gemeldeten Schwimmerinnen in einer Datenbank der FINA zu hinterlegen.
Demnach wird den nationalen Schwimmverbänden eine Geschlechtskontrolle seiner Athletinnen auferlegt. Diese „unterliegen der Verpflichtung, akkurate Aufzeichnungen bezüglich der Geschlechtschromosomen ihrer Athleten zu führen“, heißt es in der Richtlinie.
Zugleich kündigt die FINA unter ihrem kuwaitischen Präsidenten in der „gender-inklusiv“ genannten Richtlinie an, künftig solle es eine sogenannte „offene Wettkampfklasse“ für Transgender-Schwimmerinnen geben. Eine Arbeitsgruppe solle die Möglichkeiten dafür erarbeiten, Ziel sei es, ab 2023 eine dritte Wettkampfklasse zu etablieren. „Das hat es noch nicht gegeben, die FINA wird Anführer sein müssen“, sagte Al-Musallam. In seinem Verband sei jeder Sportler willkommen, alle müssten die Chance haben, auf höchstem Niveau antreten zu können.
Das Internationale Olympische Komitee war im vergangenen Jahr zu dem Schluss gekommen, dass es in der Frage des Startrechts von Transgender-Sportlerinnen keine einheitliche Lösung geben könne. Ein vom IOC verabschiedetes Rahmenwerk hatte festgehalten, es müsse jedem Dachverband überlassen sein, festzustellen, inwieweit ein Athlet einen unverhältnismäßigen Vorteil gegenüber anderen haben könnte, unter Berücksichtigung der Umstände des Sports.
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