Einfach mal liegen lassen

Über die Jahre können vor allem Rieslinge, aber auch Silvaner, Weiß- und Spätburgunder an Dimensionen, Finesse und Ausdruckskraft gewinnen, die man jungen Weinen nicht ohne Weiteres zuspricht. Man kann nur erahnen, dass da mehr verborgen ist als nur Frucht, Säure und Phenol.
Eines der ersten Großen Gewächse, das ich mir vor 20 Jahren kaufte, war Knipsers 2001er Riesling Spätlese trocken aus dem Laumersheimer Steinbuckel. Er wächst auf tiefen Kalkmergelböden, wird im traditionellen Holzfass auf der Hefe ausgebaut und ist ein komplexer, kraftvoller Riesling, der im Vergleich zu anderen Weinen des Jahrgangs dunkler in der Farbe war, fülliger, robuster, dichter, mit nachhaltiger, aber noch sehr fester Struktur. Damals war vor allem unter der jungen Winzer-Avantgarde der kleinste Anteil von überreifen oder gar edelfaulen Beeren in trockenen Weinen verpönt. Er würde den Weinkörper aufblähen und die Reinheit des Terroirs verfälschen. Doch Winzermeister Werner Knipser erklärte mir mit der Ruhe eines Pfälzer Souveräns und dem Lächeln einer Sphinx, dass sein Steinbuckel auch aufgrund einiger Prozent überreifer Trauben „noch wie eine Eins“ im Glase stehen würde, wenn die meisten anderen, in der Jugend hübsch zurechtgemachten Rieslinge „längst zusammengeklappt“ sein würden.
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