Die Meister packen aus
Von Stefanie Hiekmann09.10.2018 · Das perfekte Wiener Schnitzel, der unwiderstehliche Salat, Fischstäbchen selbst gemacht: Für ein Buch hat Stefanie Hiekmann 30 Spitzenköche nach ihren Geheimnissen befragt – und gibt uns hier einen Vorgeschmack.
Wie macht man ein echtes Wiener Schnitzel, Heinz Reitbauer?
D as A und O ist die fluffig-luftige Panade – die echte Wiener Panier eben. Sie klebt nicht fest am Fleisch, sondern – im Gegenteil! – hebt sich mit vielen kleinen und größeren Luftkissen vom Fleisch ab. Dafür muss das Schnitzel ständig in Bewegung sein: Sobald es in die heiße Pflanzenöl-Butterschmalz-Mischung (50:50) in die Pfanne gelegt wird, muss die Pfanne ununterbrochen geschwenkt werden, so dass das Schnitzel immer wieder vom heißen Fett überspült wird. Damit nichts danebengeht, empfiehlt es sich, eine größere Pfanne mit steilem Rand und einem längeren Stiel zu verwenden. Was jetzt während des Ausbackens passiert, ist das, was das Wiener Schnitzel ausmacht: Flüssigkeit aus dem Schnitzel verdunstet, sammelt sich unter der Panade und hebt sie an – die Panade souffliert, wie man im Fachjargon sagt. Das Schnitzel sollte bereits nach rund 45 Sekunden gewendet werden – sonst wird die Panade an der unteren Seite zu hart und würde nicht mehr soufflieren. Wichtig: Nicht mit dem Fett geizen! Ein bis zwei Esslöffel Butterschmalz haben nichts mit einem Wiener Schnitzel zu tun. Das 5 Millimeter dick geschnittene und panierte Fleisch sollte fast im flüssigen Fett schwimmen – sonst lassen die fluffig-luftigen Kissen lange auf sich warten ...
Auch diesen Klassiker bietet Reitbauer im Sternerestaurant „Steirereck“ in Wien an.
Wie macht man Fischstäbchen selbst, Johannes King?
G anz einfach: Gutes Kabeljaufilet besorgen, es in zwei Finger dicke Balken schneiden und sie nur minimal mit Salz und Pfeffer würzen – und dann geht’s auch schon los mit dem Panieren. Bitte keinesfalls fertige Bäckerpanade verwenden! Man muss Panade raspeln, so dass man Brotchips hat. Wenn man sich eine Panade unter einer Lupe anguckte, dann sind das kleine, runde Kügelchen. Wenn Sie die aneinanderpanieren, haben Sie eine Pressplatte – kein Fischstäbchen! Wenn Sie aber Brotchips haben, dann liegen die kreuz und quer. Das ist viel luftiger, viel knuspriger, und der Fisch wird viel schneller gar und saugt dabei längst nicht so viel Fett auf. Wer keine Zeit hat, Brot zu raspeln, kann auch Pankomehl verwenden – das geht auch sehr gut! Wir backen unsere Fischstäbchen fast schwimmend in reinem Butterschmalz aus. Das dauert nicht lange – 20, 30, höchstens 40 Sekunden reichen aus. Und erst ganz zum Schluss kommt etwas gutes Meersalz obendrauf. Das ist sensationell gut!
King kocht im „Söl’ring Hof“ auf Sylt.
Hausgemachte Fischstäbschen
- 4 Kabeljaufilets (je etwa 150–200 g)
- 1 Baguette (2 Tage alt)
- 2 Eier
- Meersalz
- schwarzer Pfeffer
- 250 g Butterschmalz
1. Die Kabeljaufilets etwa 20 Minuten vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank nehmen und temperieren lassen. In der Zwischenzeit das Baguette auf einer groben Reibe raspeln. Die kleinen Brotchips in einem tiefen Teller zum Panieren bereitstellen. Die Eier mit einem Schneebesen gut verquirlen und ebenfalls in einem tiefen Teller bereitstellen.
2. Aus den Kabeljaufilets knapp zwei Finger dicke Balken schneiden, leicht salzen und pfeffern. Die Fischstäbchen nun jeweils erst im Ei wenden und anschließend in den Brotchips wälzen und die Panade leicht mit den Fingern andrücken.
3. Die Fischstäbchen auf einem Teller vorbereiten und das Butterschmalz in einer tiefen Pfanne erhitzen. Die optimale Temperatur zum Ausbacken der Fischstäbchen ist 170°C. Wer kein Thermo- meter zur Hand hat, nimmt einfach eine kleine Ecke vom Fisch, hält sie in das heiße Fett und testet: Steigen kleine Bläschen auf, ist die Temperatur ideal. Steigt Rauch auf, ist sie zu hoch – in diesem Fall die Pfanne von der Platte nehmen und etwas runterkühlen.
4. Die Fischstäbchen nacheinander (meist passen 5–8 Fischstäbchen zusammen in die Pfanne) im heißen Butterschmalz ausbacken und die Pfanne dabei immer in Bewegung halten, so dass die Fischstäbchen nicht am Pfannenboden ankleben. Die Fischstäbchen etwa 20–40 Sekunden (je nach Dicke der Filetstücke) im heißen Fett ausbacken, dann direkt auf einen mit Küchenkrepp belegten Teller geben, so dass sich das überschüssige Fett absetzt.
5. Die warmen Fischstäbchen mit etwas Meersalz bestreuen und zu grünem Salat und Dip servieren.
Was kochen Sie für Ihre Kinder, Heiko Nieder?
N atürlich hat ein Zwei-Sterne-Koch es in der Küche auch nicht leichter als andere Eltern. Man könnte die Frage auch anders stellen: Wie kochen Sie für die schwierigsten Gäste der Welt? (lacht) Nein, im Ernst: Es ist wirklich nicht ganz leicht, und ganz entscheidend: Alles wechselt ständig! Ich war damals ganz stolz und dachte, ich erziehe mir die Feinschmecker des Jahrtausends. Am Anfang haben sie wirklich alles gegessen, und dann wurde es irgendwann kompliziert – und es blieb kompliziert... Die Kleine ist vier, die Große ist sieben. Die Große hat erst alles gegessen: Kaviar, Austern, ich habe ihr auch mal Nudeln mit weißen Trüffeln gemacht. Ich wollte sie richtig verderben, so dass die Jungs später erst mal richtig Gas geben müssen, um ihr Herz zu erobern. Mittlerweile, würde ich sagen, ist sie eine Frikadellen-und-Würstchen-Vegetarierin. Das bedeutet: Eigentlich isst sie kein Fleisch, und eigentlich isst sie auch keinen Fisch. Würstchen und Frikadellen isst sie natürlich und Sushi auch. Die Frikadelle im Burger ist keine Frikadelle, das ist Fleisch, deshalb gehen Burger nicht. Ganz logisch. Wenn es aber eine Speise gibt, die beide Kinder 24 Stunden am Tag essen könnten, dann ist es Fried Rice. Und da kennen sie auch mittlerweile Unterschiede. Wenn wir unterwegs sind, kann es sein, dass sie gestandene Köche ungefragt bewerten...
Wenn er nicht für seine Kinder kocht, findet man Nieder am Herd von „The Restaurant“ in Zürich.
Gelingt ein Dessert ohne raffinierten Zucker, René Frank?
E s kommt drauf an, was man haben möchte! Wenn man was möglichst Schnelles, Süßes und Günstiges haben möchte, kommt man um den raffinierten Zucker wahrscheinlich nicht herum. Damit hat man Zucker in seiner reinsten, aber auch seiner künstlichsten Form. Wenn man aber bereit ist, ein bisschen was zu investieren und auch auf ein bisschen Süße, auf übermäßige Süße, zu verzichten, dann geht das schon. Wichtig ist bereits die Auswahl der Zutaten. Das fängt beim Obst an. Wer keine guten Früchte hat, braucht Zucker, um sie genießbar zu machen – ganz logisch. Ein Trick wäre, die Früchte erst zu Hause nachreifen zu lassen; dabei entwickeln sie eine natürliche Süße. Bei Bananen und Ananas funktioniert das sehr gut. Da reicht die Süße durch die wirklich reifen Früchte völlig aus. Grundsätzlich aber: Wenn ich etwas Süßes haben möchte, komme ich am Zucker nicht vorbei. Und der ist überall: im Honig, im Ahornsirup, im Agavendicksaft – auch in Gemüse und in Obst. Entscheidend ist die Menge, und die kann ich bei reduzierten Gemüsesäften zum Beispiel besser dosieren als bei reinem Zucker, da hier auch ein Eigengeschmack im Spiel ist. Und den muss ich im Griff behalten. So gibt es quasi eine natürliche Zucker-Bremse. Wer das ausprobieren möchte: Möhrensaft oder Melonensaft offen köcheln und reduzieren lassen. Nach einer Zeit entsteht ein sehr süßer Sirup, den man super zum Abschmecken für Obstsalate oder Fruchtsorbets verwenden kann. Einfach ausprobieren!
Der Patissier betreibt eine eigene Dessertbar in Berlin, das „Coda“.
Wie bereitet man Salat zu, der satt und glücklich macht, Paul Ivic?
D as fängt schon beim Einkaufen an: Ein Salat, der glücklich macht, muss schmecken. Und dafür muss er frisch sein, richtig frisch! Salat, der drei oder vier Tage alt ist, wird nie so gut schmecken wie frischer. Jedes Mal, wenn ich meine Verwandten in Kroatien besuche, ernten wir den Salat frisch vom Feld. Da hat er richtig Kraft! Dann braucht es nicht mehr als etwas Salz, gutes Olivenöl und Zitrone – fertig! Oft wird Salat ja in Marinade ertränkt – das macht sicher nicht glücklich. Es ist besser, den Salatgeschmack hervorzuheben und durch gute Öle zu untermalen. Olivenöl passt gut, aber auch Kürbiskernöl, Leinöl, Walnussöl – man muss einfach mal ausprobieren und vielleicht mit verschiedenen Essigen kombinieren. Wenn man einen Sattmacher draus machen möchte, kommen Käse oder Oliven mit ins Spiel. Wichtig ist immer: den Salat gut putzen und trocknen. Dann kommt das Salz dazu, erst jetzt Öl und Essig. Und wenn man die äußeren Blätter nicht so gern verwenden möchte, gibt man sie in einen Mixer, ein paar Eiswürfel dazu und mixt alles mit Olivenöl, Salz und Pfeffer glatt. So entsteht eine wirklich schöne, erfrischende Creme, die sich gut als Unterlage unter dem Salat macht.
Auch von Ivic kann man sich in Wien bekochen lassen – im „Tian“.
Fotos, Rezeptbilder: Stefanie Hiekmann / EMF-Verlag
Stefanie Hiekmanns „Nachgefragt:
30 Spitzenköche verraten ihre Küchengeheimnisse“, EMF-Verlag, 208 Seiten, 26 Euro, erscheint am 9. Oktober.