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Rupert Stadler bleibt hinter Gittern

Von Carsten Germis, Hamburg, Rüdiger Köhn, München und Marcus Jung
22.06.2018
, 17:47
Der inhaftierte Audi-Manager Rupert Stadler bei einer Presseveranstaltung in Genf im März 2018. Bild: AFP
Der einstige Audi-Chef hatte den Ermittlern Kooperation signalisiert, doch die Verhöre verlaufen schleppend. Dem Autohersteller droht eine saftige Geldstrafe.

Der prominenteste Beschuldigte im Abgasskandal muss das Wochenende weiter in Untersuchungshaft verbringen: Eine Entlassung von Rupert Stadler, dem am Montag in Ingolstadt festgenommenen, mittlerweile beurlaubten Vorstandsvorsitzenden von Audi ist nicht absehbar. Nach Informationen der F.A.Z. dürfte dies mit dem Verhalten des 55 Jahre alten Stadler zusammen hängen.

Entgegen seinen anfangs geäußerten Absichten scheint er in den Verhören nicht voll umfänglich mit der Staatsanwaltschaft München II zusammenzuarbeiten. Die Ermittler sind unzufrieden. Das ist das Fazit der Vernehmung am vergangenen Mittwoch in der Justizvollzuganstalt in Augsburg-Gablingen, an der auch Stadlers Strafverteidiger Thilo Pfordte teilnahm.

Die Einlassung muss, angesichts begrenzter Erkenntnisse, ernüchternd für die Strafverfolger gewesen sein. Das Aussageverhalten soll wenig förderlich für eine notwendige Vertrauensbasis gewesen sein, um Stadler wieder freizulassen. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II machte keine Angaben zum Verlauf des Verhörs. Aber: „Es ist derzeit noch kein neuer Vernehmungstermin angesetzt worden“, sagte sie auf Anfrage. Damit dürfte Stadler noch länger in Untersuchungshaft sitzen.

Auf weitere Strafzahlungen eingestellt

Gegen ihn und einen anderen Audi-Vorstand wird wegen des Vorwurfs des Betrugs und der mittelbaren Falschbeurkundung ermittelt. Der gegen ihn ergangene Haftbefehl stützt sich auf eine Verdunkelungsgefahr; diese bestand nach Ansicht einer Ermittlungsrichterin, weil Stadler Beweismaterial beseitigt oder aber Zeugen und andere Beschuldigte beeinflusst haben könnte. Das begründen die Staatsanwälte mit abgehörten Telefonaten, aus denen sich konkrete Hinweise ergeben haben. Eine schnelle Freilassung komme nur in Frage, wenn der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr entfällt.

Dies allerdings würde umfangreiche Angaben zu den vorgeworfenen Abgasmanipulationen bei Diesel-Motoren voraussetzen. Nach Informationen der F.A.Z. hat Strafverteidiger Pfordte bisher keinen Antrag auf Haftprüfung gestellt. Dies ist ein Indiz für die schwierige Ausgangslage: Der erfahrene Anwalt würde den Vorstoß nur wagen, wenn die Prüfung Aussicht auf Erfolg hat. Einmal abgelehnt, kann Pfordte frühestens nach drei Monaten einen neuen Antrag für seinen Mandanten stellen.

Zudem sieht sich Audi – wie zuvor Volkswagen – mit einer möglichen Bußgeldzahlung in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren konfrontiert. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II bestätigte, dass das laufende Bußgeldverfahren neben den Ermittlungen gegen ehemalige und aktuelle Vorstände, darunter Stadler, weiter verfolgt würde. „Das Verfahren steht nicht unmittelbar vor dem Abschluss“, sagte sie. Ein Audi-Sprecher kommentierte den Sachverhalt mit Blick auf die Ermittlungen nicht. Aus dem VW-Konzern hieß es am Freitag nur, man sei „auf weitere Bußgeldbescheide aus München und Stuttgart eingestellt“.

1,5 Millionen Euro Abfindung für Kronzeugen

Bis zu einer Entscheidung könnte es aber noch Monate dauern. Denn in München haben die Ankläger das Verfahren später eingeleitet als in Braunschweig; in Stuttgart geht es um die von Audi an Porsche gelieferten Motoren. VW hatte zuletzt eine Geldbuße in Höhe von einer Milliarde Euro bezahlt – über deren Verwendung und Aufteilung wird aktuell heftig unter den Finanzministern der Länder debattiert.

Soweit ist es im Fall Audi nicht: Ohnehin scheint die Bemessungsgrundlage deutlich geringer zu sein. Auf die VW-Tochtergesellschaft dürfte ein erklecklicher zweistelliger Millionenbetrag als Bußgeld zukommen. Zugrunde gelegt werden könnten die rund 200.000 Fahrzeuge, die mit einem V6 3-Liter-Dieselmotor fahren und von einem Rückruf in Europa betroffen sind. Hinzu kommen etwa 85.000 manipulierte Diesel-Fahrzeuge, die in den Vereinigten Staaten verkauft worden sind. Die endgültige Zahl steht noch nicht fest.

Zum Vergleich: Die von der Staatsanwaltschaft Braunschweig herangezogene Zahl für VW belief sich auf rund 10,7 Millionen Fahrzeuge. Der Rahmen liegt im Ermessen der Münchner Ermittler, die sich nicht an den Bewertungen ihrer Braunschweiger Kollegen orientieren müssen. Das gilt auch für den für VW festgesetzten Bußgeldbetrag von 93 Euro je verkauftes Auto – im Fall von Audi dürfte er wegen der Verkaufspreise der Fahrzeuge und der erzielten Margen größer ausfallen.

Neuigkeiten gibt es zudem im Fall von Giovanni P., dem Kronzeugen der Anklage. Wie in Teilen unserer Auflage vom Freitag berichtet, erhielt der Motorenentwickler eine Abfindung von 1,5 Millionen Euro von seinem einstigen Arbeitgeber. P. hatte gegen seine fristlose Kündigung Klage am Arbeitsgericht München eingereicht. Statt eines öffentliches Prozesses wurde nun aber die Zahlung an ihn bekannt, auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen ihm und Audi von Ende 2017.

Das Brisante: Wie üblich enthält ein solcher Vertrag eine Schweigeklausel, P. dürfte sich also weder zu seiner Arbeit als leitender Ingenieur noch einer möglichen Verwicklung im Abgasbetrug äußern. Die Millionenzahlung sei kein Schweigegeld, heißt es aus Konzernkreisen. Ohnehin dürfte P. schon vor der Unterzeichnung gegenüber den Ermittlern ausgepackt haben. In der Untersuchungshaft in München-Stadelheim soll P. zahlreiche Manager von Audi belastet haben – bis hoch zur Konzernspitze um Rupert Stadler.

Quelle: F.A.Z.
Carsten Germis
Wirtschaftskorrespondent in Hamburg.
Marcus Jung
Redakteur in der Wirtschaft.
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