Kluger Rückzug

Dass die EU-Kommission das wegen des Karlsruher EZB-Urteils im Sommer eröffnete Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland jetzt einstellt, ist wahrlich keine Überraschung. Der von den Karlsruher Richtern angezettelte Konflikt, der letztlich nicht die Anleiheaufkäufe der Europäischen Zentralbank, sondern einen Kompetenzstreit zwischen den obersten Richtern Deutschlands und der EU betraf, ist damit ähnlich gelöst wie zuvor in Deutschland: mit einem Burgfrieden.
Die EU-Kommission hat sich mit der lustlosen deutschen Reaktion auf die Eröffnung des Verfahrens zufriedengegeben. Auch wenn damit etliche inhaltliche Fragen – speziell zum Verhältnis zwischen nationalem und europäischem Recht – ungelöst bleiben, hat die Kommission politisch richtig gehandelt. Sie konnte es sich angesichts der aktuellen schweren Verfassungskonflikte mit Polen und Ungarn nicht leisten, einen Grundsatzstreit mit dem größten Mitgliedstaat auf die Spitze zu treiben. Dieser lässt sich nicht vor dem Europäischen Gerichtshof lösen, sondern muss politisch ausgetragen werden.