Treppen, Mixer und Messer
Sie wollte nur mal schnell das Altpapier zur Tonne bringen, aber noch jetzt, Monate später, kann Caroline aus Stuttgart nicht richtig laufen. An dem Sonntag im Sommer eilt die 47-jährige Lehrerin die Stufen im Garten hinunter, tritt plötzlich ins Leere, knickt um, stürzt zu Boden. Ihr wird schwarz vor Augen, sie spürt höllische Schmerzen. Mühsam hievt sie sich rückwärts auf dem Po die Treppe hoch ins Haus. Die Diagnose: ein Sprunggelenksbruch. „Unfälle zu Hause lassen sich nicht immer vermeiden“, sagt Michael Raschke, Chef-Unfallchirurg in der Uniklinik Münster. „Mit ein bisschen mehr Achtsamkeit und einfachen baulichen Maßnahmen hätten wir in der Notaufnahme aber vermutlich weniger zu tun.“
Es gibt kaum einen Unfall, der zu Hause nicht passieren kann. Von Schnittverletzungen und abgetrennten Fingerkuppen über Prellungen, Verstauchungen, Zerrungen und Brüchen an Hand, Fuß, Bein, Wirbelsäule oder Kopf bis zu Gehirnerschütterungen und schwersten Hirnblutungen ist alles dabei. 11.960 Menschen starben 2018 wegen eines Unfalls zu Hause – das sind mehr als 40 Prozent aller Unfalltoten und dreieinhalbmal so viele wie Verkehrstote. 9000 Todesfälle waren durch Stürze bedingt. Raschkes Patientin neulich – eine rüstige ältere Dame – fiel beim Fensterputzen vom wackeligen Hocker und brach sich das Handgelenk. Ein Trümmerbruch, den Raschke aufwendig reparieren musste. „Senioren trauen sich oft mehr zu, als sie tatsächlich noch können“, sagt er. „Manche sind auch zu stolz, jemanden um Hilfe zu bitten.“ Pünktlich zu Weihnachten sehe er auch immer wieder Patienten, die mit ihren neuen Küchengeräten zum Starkoch werden wollten, erzählt Raschke. Der 37 Jahre alte Mann entbeinte Fleisch, rutschte mit dem Messer aus und stach sich in die Handfläche. Er verband die Wunde und genoss seinen Weihnachtsbraten. Doch nach ein paar Tagen fing es in der Wunde an zu pochen, sie schwoll an und wurde rot – eine Sehnenscheidenentzündung.
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