Nobelpreis für Fake-News-Feinde

Ökonomen streiten gerne über alles und jeden – aber am Montag waren sie sich ausnahmsweise einmal einig: Den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften an David Card, Joshua Angrist und Guido Imbens zu vergeben, ist eine goldrichtige Entscheidung.
Zwei große Verdienste machen die drei Nordamerikaner in der Fachwelt über jeden Zweifel erhaben. Erstens haben sie ihrem Fach die Augen dafür geöffnet, dass die Welt viele natürliche Experimente bereithält, die es ermöglichen Ursache-Wirkungsbeziehungen zu erkennen. Das berühmteste Beispiel: Ein amerikanischer Bundesstaat führt den Mindestlohn ein, ein anderer nicht – schnellt die Arbeitslosigkeit im ersten Staat nach oben? Die Daten, die Card Anfang der neunziger Jahre ausgewertet hat, beantworteten die Frage damals äußerst überraschend mit Nein.
Zweitens haben die Mikroökonomen Verfahren identifiziert und verfeinert, die es überhaupt erst möglich machen, in einem Wust von Daten herauszufinden, was die Ursache für eine Entwicklung ist. Ökonomen laufen seither weniger Gefahr, Scheinkausalitäten aufzusitzen.
Inhaltlich passen die Aussagen der Forscher über Arbeitsmarkt, Migration und Bildung zum links-liberalen Zeitgeist. Es wäre aber absurd zu unterstellen, sie hätten die höchste Auszeichnung vor allem deshalb gewonnen. Wenn man die Auswahl politisch deuten will, dann so: In einer Zeit, in der Menschen gerne unbewiesene Thesen herausposaunen und in sozialen Netzwerken „Fake News“ verbreiten, rücken drei Forscher ins Rampenlicht, die nach der Wahrheit fahnden. Bei ihnen kommen erst die Fakten und dann die starken Aussagen.
Bei allem Applaus für die Preisträger darf nicht aus dem Blick geraten, dass empirische Forschungsergebnisse nicht allgemeingültig sind, sondern immer nur Mosaiksteine für das Gesamtbild. Dass der Mindestlohn unter bestimmten Bedingungen keine Arbeitsplätze vernichtet, heißt beispielsweise nicht, dass das auch bei schlechter Konjunktur und hohen Stundenlöhnen so sein muss. Es ist den Forschern hoch anzurechnen, dass sie vor solchen Vereinfachungen selbst warnen.