Putins Illusion der gefüllten Staatskasse

Dass Russland wegen der hohen Öl- und Gaspreise derzeit mehr Geld einnimmt als vor seinem Krieg gegen die Ukraine, lässt viele an der Wirksamkeit der westlichen Sanktionen zweifeln. Auch der Kreml nimmt diese Steilvorlage gerne an: Präsident Wladimir Putin nutzt die aktuell guten Haushaltsdaten seines Landes als eines der Argumente, wieso der „ökonomische Blitzkrieg“ des Westens gegen Russland keine Chance auf Erfolg habe. Beim Sankt Petersburger Wirtschaftsforum Mitte Juni verwies Putin etwa darauf, dass Russlands Staatsfinanzen in den ersten fünf Monaten dieses Jahres einen Überschuss von umgerechnet rund 26 Milliarden Euro aufgewiesen hätten. Allein im Mai sei der positive Saldo viermal größer gewesen als im selben Zeitraum ein Jahr zuvor.
Die Zahlen stimmen zwar, doch lässt Putin ein wichtiges Detail aus: Schon in diesem Jahr werden die hohen Einnahmen aller Voraussicht nach nicht mehr ausreichen, um den Haushalt, aus dem der teure Krieg gegen die Ukraine finanziert wird, auszugleichen. Selbst das russische Finanzministerium geht für dieses Jahr von einem Haushaltsdefizit in Höhe von bis zu 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Denn die Einnahmen aus anderen Wirtschaftszweigen, die nichts mit Öl und Gas zu tun haben, sind bereits erheblich eingebrochen. Im April nahm der Staat etwa lediglich umgerechnet 3,3 Milliarden Euro an Mehrwertsteuer ein – im Vorjahreszeitraum war es rund doppelt so viel.
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