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Die krisengeschüttelte Credit Suisse (CS) verliert nach 167 Jahren ihre Unabhängigkeit und landet in den Armen der UBS. Der Schweizer Branchenprimus übernimmt die CS im Weg eines Aktientauschs zum Preis von 3 Milliarden Franken. Darauf haben sich die Beteiligten nach ebenso intensiven wie hektischen Verhandlungen unter Federführung der Schweizerischen Nationalbank (SNB), der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) sowie der Schweizer Regierung am Sonntagabend geeinigt.
Die fusionierte Bank werde ein Vermögen von mehr als 3,4 Billionen Dollar verwalten. „Diese Akquisition ist attraktiv für UBS-Aktionäre, aber klar ist – was die Credit Suisse betrifft, ist dies eine Notrettung“, erklärte Verwaltungsratschef Colm Kelleher. Er wird auch Präsident der neuen Bank, UBS-Chef Ralph Hamers der Vorstandsvorsitzende.
Der Preis von 3 Milliarden Franken liegt deutlich unterhalb des Börsenwerts der CS von zuletzt 7,4 Milliarden Franken. Anfangs hatte die UBS nach einem Bericht der „Financial Times“ sogar nur eine Milliarde geboten, was die CS und deren Großaktionäre aber als zu niedrig abgelehnt hätten. Um etwaige Risiken für die UBS zu reduzieren, gewährt der Schweizer Staat der UBS zudem eine Garantie im Umfang von 9 Milliarden Franken zur Übernahme von potentiellen Verlusten aus bestimmten Aktiva, die die UBS im Rahmen der Transaktion übernimmt. Diese Garantie kommt laut Karin Keller-Sutter, Finanzministerin der Schweiz, nur zum Tragen, wenn allfällige Verluste der UBS eine bestimmte Schwelle überschreiten würden. Das sei so wie eine Versicherung. Die Schweizerische Nationalbank gewährt der CS und UBS zudem außerordentliche Liquiditätshilfen im Gesamtvolumen von 200 Milliarden Franken. Unter Rückgriff auf Notrecht hat die Regierung erlassen, dass es für die Übernahme keine Genehmigung der Aktionäre der beiden Banken bedarf.
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Das oberste Ziel sei es gewesen, die Interessen der Schweiz zu wahren, sagte Keller-Sutter. Es gehe darum, einen Beitrag zur Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte zu leisten, den Finanzplatz Schweiz zu schützen und auch darum, die Schweizer Volkswirtschaft zu schützen. „Ein Ausfall der CS hätte gravierende volkswirtschaftliche Verwerfungen in der Schweiz und in anderen Ländern zur Folge gehabt.“ Eine Abwicklung der Bank hätte aus der Sicht von Keller-Sutter „mit ziemlicher Sicherheit eine Finanzkrise ausgelöst“. Und die Alternative eines direkten Staatseinstiegs wäre ein enormes Risiko für die Schweiz gewesen. Die Übernahme durch die UBS sei die beste Maßnahme, um das Vertrauen in die CS wiederherzustellen.
Noch am vergangenen Donnerstag hatte es so ausgesehen, als wenn die Credit Suisse zumindest noch eine Galgenfrist bekommen könnte. An jenem Tag hatte die Nationalbank der skandal- und verlustgeplagten Großbank eine Liquiditätsspritze von 50 Milliarden Franken verabreicht, was zunächst auch den schwer gebeutelten Aktienkurs beflügelte. Doch am Freitag ging die CS-Aktie an der Börse abermals in die Knie. Und auch die Risikoaufschläge für CS-Anleihen blieben auf Rekordhöhe, was zeigt, dass im Markt weiterhin an der Zukunftsfähigkeit der Bank gezweifelt wurde. Verunsicherte Kunden zogen offenbar weiterhin in großem Stil Gelder ab.
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Treibende Kraft hinter der Übernahme sind die Schweizer Notenbank und die Finma. Sie befürchteten, dass ein „Bank Run“ und ein daraus möglicherweise über kurz oder lang folgender Zusammenbruch der Credit Suisse nicht nur den Finanzplatz Schweiz stark beschädigen könnte, sondern die wegen des Kollapses der Silicon Valley Bank ohnehin angespannte Lage in der Bankenbranche zusätzlich befeuern und so das internationale Finanzsystem erschüttern könnte. Als systemrelevante Großbank mit einer Bilanzsumme von 531 Milliarden Franken und einer starken Präsenz im Investmentbanking ist die CS geschäftlich mit Finanzhäusern in aller Welt verbunden. Einzelne von denen haben am Ende der zurückliegenden Woche offenbar intern schon die Parole ausgegeben, die Geschäfte mit den Schweizern herunterzufahren.
Die UBS hatte bis zuletzt beteuert, dass sie kein Interesse an einer Übernahme ihres tief gefallenen Rivalen habe. Und das aus gutem Grund: Die Geschäfte der UBS laufen gut; sie steht solide da. Mit einer Integration der Credit Suisse lädt sie sich nun über Jahre immense Arbeit auf. Allein die IT-Systeme zu harmonisieren ist eine Herkulesaufgabe, von den unterschiedlichen Kulturen der seit jeher stark rivalisierenden Häuser ganz zu schweigen. Außerdem birgt eine Übernahme enorme finanzielle Risiken. Schließlich ist die CS nach etlichen hausgemachten Skandalen, die auf ein mangelhaftes Risikomanagement zurückgehen, in zahlreiche Rechtsstreitigkeiten verwickelt, die noch Kosten in Milliardenhöhe nach sich ziehen dürften.
Vor diesem Hintergrund ging es in den Verhandlungen nicht bloß um die Frage, zu welchem Preis ein Übernahmeangebot an die Aktionäre der Credit Suisse erfolgen könnte. Noch wichtiger dürfte für den UBS-Verwaltungsratspräsidenten Colm Kelleher und seinen Vorstandsvorsitzenden Ralph Hamers sein, mittels Staatsgarantien vor unkalkulierbaren finanziellen Rechtsrisiken sowie vor hohen Kosten für die Abwicklung von Teilen der CS geschützt zu werden. Das Ziel hat er nun erreicht.
Nach der Übernahme blüht vielen Beschäftigten ein böses Erwachen. Die UBS hat fast 73.000 Mitarbeiter, die CS 50.000. Die größten Überlappungen gibt es im Schweizer Heimatmarkt, wo beide Häuser als Universalbank agieren und gutes Geld verdienen. Schätzungen zufolge könnten in der Schweiz 10.000 Stellen gestrichen werden, davon die meisten bei der Credit Suisse. Die UBS will ein Sparprogramm einleiten und bis 2027 die jährlichen Kosten der kombinierten Bank um 8 Milliarden Franken pro Jahr senken.
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Die kartellrechtlichen Hürden, die sich aus der starken Position der beiden Häuser in der Schweiz ergeben, sollen übersprungen werden. Die Finma hat das Recht, die Übernahme im übergeordneten Interesse der Finanzmarktstabilität zu genehmigen. Dieses Recht will sie nach eigenem Bekunden in diesem Fall nutzen. Schmerzhaft und kompliziert wird auch der Umgang mit der CS-Investmentbank. Diese war in der Vergangenheit besonders schwankungsanfällig und ein Garant für hohe Verluste. Daher wollte der Credit- Suisse-Vorstand unter Führung des Deutschen Ulrich Körner diese Einheit tüchtig eindampfen, umbauen und Teile davon abstoßen. Dieser Plan, der auch eine Revitalisierung der alten Marke „Credit Suisse First Boston“ vorsah, dürfte unter der Flagge der UBS hinfällig werden. Eher könnte es zu einem noch stärkeren Rückbau der Investmentbank kommen.
Die UBS hatte ihr eigenes Investmentbanking nach der Finanzkrise, in der sie vom Schweizer Staat und der Nationalbank vor dem Aus gerettet wurde, entschlossen zurückgefahren und sich fortan vor allem auf die Vermögensverwaltung konzentriert. Genau dieses Geschäft dürfte die UBS mit Blick auf die Credit Suisse am meisten interessieren. Allerdings ist anzunehmen, dass bei einer Übernahme etliche CS-Kunden abspringen, weil sie bereits auch bei der UBS an Bord sind und aus Gründen der Risikostreuung nicht alle Eier in einen Korb legen wollen. Auch am CS-Assetmanagement, also der Vermögensverwaltung für institutionelle Kunden wie Versicherungen und Pensionskassen, dürfte die UBS Gefallen finden.
Das Geschäft wird über einen Aktientausch abgewickelt: Für 22,48 CS-Titel werden Aktionäre der Credit Suisse 1 UBS-Aktie erhalten. Die CS-Aktionäre erhalten also 76 Rappen pro Aktie. Das ist deutlich weniger als die Hälfte des Schlusskurses vom Freitag.