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Energiepolitischer Appell

40 Manager greifen Röttgens Politik an

Von Henrike Roßbach, Brigitte Koch und Carsten Knop
21.08.2010
, 13:37
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Deutschland könne auf Kohle und Kernenergie nicht verzichten, schreiben mehr als 40 Vorstandschefs und Politiker in einem „energiepolitischen Appell“. Ein vorzeitiger Ausstieg würde Milliarden vernichten. Ackermann, Bierhoff, Großmann: FAZ.NET zeigt die Unterzeichner.

Vierzig namhafte deutsche Wirtschaftsvertreter haben den Text unterschrieben - und im Kern ist das Schriftstück eine Attacke auf Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU). In dem „Energiepolitischen Appell“ der am Samstag ganzseitig in mehreren großen deutschen Tageszeitungen zu lesen ist, gibt es eine klare Formel: Die Zukunft gehört den Erneuerbaren. Damit dieses Ziel aber finanzierbar ist, dürfen Energieversorger und Unternehmen nicht stärker belastet werden. Darüber hinaus müssen Kernkraft und Kohle weiter zum Energiemix gehören. „Energiepolitik ist knallharte Wettbewerbspolitik“, sagte Jürgen Großmann, der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns RWE, dieser Zeitung. Röttgen, daran lässt er keinen Zweifel, habe das noch nicht verstanden.

Der Unternehmer und stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Michael Fuchs (CDU), hat den Appell ebenfalls unterschrieben. „Wir müssen für Energiepreise sorgen, die unsere Industrie im Lande halten“, sagte er zur Begründung. Der Text sei eine Aufforderung an den Umweltminister, den Industriestandort Deutschland nicht aufzugeben, sekundiert Fuchs die Attacke von Großmann. Für Unruhe hätte in der Wirtschaft vor allem ein Namensbeitrag Röttgens in dieser Zeitung gesorgt. Ende April hatte der Minister geschrieben, energieintensive Industrien, die einem starken Wettbewerb ausgesetzt seien, hätten von einem „klimagerechten Strukturwandel“ möglicherweise Nachteile zu erwarten. Eine Regierung könne aber nicht durch ein zu enges Verständnis von Wettbewerbfähigkeit die Wettbewerbsvorteile in Zukunftsmärkten aufs Spiel setzen. „Seither gibt es immer wieder Ärger und Unruhe“, sagte Fuchs. In der Unionsfraktion im Bundestag sieht er etwa zwei Drittel der Abgeordneten auf seiner Seite.

Hinter der Kampagne stehen die vier deutschen Energiekonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW, wobei die Initiative dazu von Großmann ausgegangen sein soll. Der Vorschlag für eine solche Kampagne sei an den BDI herangetragen worden und habe dort wie ein Schneeballsystem gewirkt, heißt es in Umfeld von RWE und Eon. Es seien zudem sehr schnell eine Menge weitere Mitstreiter aus verschiedensten Bereichen gefunden worden. „Wir hatten sehr großen Zuspruch und werten das als ein Beleg dafür, dass wir so falsch nicht liegen können“, sagte ein Eon-Sprecher.

Josef Ackermann, Vorstandschef der Deutschen Bank Bild: dpa

Zu den Unterzeichnern zählen neben dem Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann einige Vertreter stromintensiver Industrien wie Ekkehard Schulz (Thyssen- Krupp), Werner Wenning (Bayer) oder Jürgen Hambrecht (BASF). Unterschrieben hat auch der Manager der Fußballnationalmannschaft und Sohn eines früheren RWE-Vorstands, Oliver Bierhoff. Der DFB-Manager war am Freitag wegen einer Präsidiumssitzung nicht zu erreichen. Allerdings ließ er ausrichten, dass er zu seiner Meinung stehe und es für richtig halte, diese auch öffentlich zu äußern.

Merkel war informiert

Die Bundeskanzlerin sei über die Anzeigen im Vorfeld informiert worden, auch habe sie vorab Kenntnis über den Inhalt gehabt, so die Initiatoren. Die Vertreter der Energiewirtschaft wollen die Anzeige nicht als Kritik an der Person Merkel verstanden wissen, sondern als einen Diskussionsbeitrag und einen Appell an die gesamte Politik, für ein ausgewogenes und realistisches Energiekonzept zu sorgen. „Uns ist wichtig, deutlich zu machen, dass ein breiter Energiemix auch eine breite Unterstützung in der Gesellschaft erfährt und der Industriestandort Deutschland erhalten bleibt“, sagte Großmann. Die Unterzeichner warnen vor einer Absage an die Kohle und dem vorzeitigen Ausstieg aus der Kernenergie, der nach ihrer Ansicht Kapital in Milliardenhöhe vernichten würde. Eine Politik, die darauf setze, den Haushalt mit neuen Energiesteuern zu sanieren, blockiere Investitionen in die Zukunft, heißt es mit Blick auf die Brennelementesteuer, die 2,3 Milliarden Euro im Jahr bringen soll.

Dass der Appell nicht gegen die Kanzlerin gerichtet sei, hieß es auch bei der Deutschen Bahn. Der ehemalige Arbeits- und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hat den Aufruf unterschrieben, weil er, ebenso wie Großmann, vor der Entscheidung über das neue Energiekonzept eine Schlagseite in der Diskussion ausgemacht hat. Es werde nur noch diskutiert, wann und wie schnell die Kernkraftwerke abgeschaltet werden sollen, sagte er dieser Zeitung. „Wenn der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel der Industrie nun beispiellose Propaganda vorwirft, muss man ihn fragen, wer in der gesamten vergangenen Woche eigentlich die Medien beherrscht hat“, sagt auch Großmann - und meint damit die Thesen der Atomkraftgegner.

Die Lister der Unterzeichner

Josef Ackermann, Vorstandschef der Deutschen Bank
Dietrich Austermann, CDU-Politiker, er war von 2005 bis 2008 Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein
Werner Bahlsen, Bahlsen
Paul Bauwens-Adenauer, Bauwens
Wulf Bernotat, BDI-Vizepräsident, war Eon-Vorstandsvorsitzender
Oliver Bierhoff, Manager der Fußball-Nationalmannschaft
Manfred Bissinger, Publizist
Herbert Bodner, BDI-Vizepräsident
Wolfgang Clement, Ministerpräsident und Bundeswirtschaftsminister a. D.
Eckhard Cordes, Metro-Vorstandsvorsitzender
Gerhard Cromme, ThyssenKrupp
Michael Fuchs, Unternehmer und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag
Ulrich Grillo, Grillo-Werke
Jürgen Großmann, BDI, RWE
Rüdiger Grube, Deutsche Bahn
Christopher W. Grünewald, Papierfabrik Gebr. Grünewald, BDI
Jürgen Hambrecht, BASF-Vorstandsvorsitzenden und BDI-Vizepräsident
Tuomo Hatakka, Vattenfall-Chef
Wolfgang Herrmann, TU München
Horst W. Hippler, KIT
Hans-Peter Keitel, BDI-Präsident
Arndt G. Kirchhoff, Kirchhoff Automotive, BDI
Kurt J. Lauk, Wirtschaftsrat der CDU
Ulrich Lehner, Henkel, BDI-Vizepräsident
Friedhelm Loh, Friedhelm Loh Group, BDI-Vizepräsident
Carsten Maschmeyer, MaschmeyerRürup
Friedrich Merz, Rechtsanwalt
Arend Oetker, BDI-Vizepräsident
Hartmut Ostrowski, Bertelsmann
Bernd Scheifele, HeidelbergCement
Otto Schily, Bundesinnenminister a.D. und Rechtsanwalt
Wolff Schmiegel, Ruhr-Universität Bochum
Ekkehard Schulz, ThyssenKrupp und BDI-Vizepräsident
Johannes Teyssen, Eon
Rainer Thieme, Salzgitter
Jürgen Thumann, BusinessEurope, Ex-Präsident und heutiger Vizepräsident des BDI
Michael Vassiliadis, IG BCE
Hans-Peter Villis, Vorstandschef von EnBW
Gerhard Weber, Gerry Weber International
Werner Wenning, Bayer
Matthias Wissmann, VDA, BDI-Vizepräsident

Quelle: FAZ.NET
Carsten Knop
Herausgeber.
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