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Der Internationale Währungsfonds (IWF) fordert die Regierungen der ganzen Welt auf, die globale Erwärmung mit Mitteln der Fiskalpolitik zu bremsen. Finanzminister aller Länder müssten ihre Steuersysteme reformieren mit dem Ziel, die Nutzung von Kohle und von anderen fossilen Brennstoffen unattraktiv zu machen. In seiner am Donnerstag veröffentlichten Fiskal-Monitor-Analyse arbeitet der IWF die Vorzüge einer Emissionssteuer gegenüber dem CO2-Zertifikatehandel und schlichter Regulierung heraus. Steuern seien das wirkungsvollste Instrument, vorausgesetzt ihr Design sei wachstumsfreundlich und fair.
Wenn auch viele Länder auf unterschiedliche Weise schon einen Preis für Treibshausgase festgelegt haben, so bleibt er im Schnitt weiter hinter dem Niveau zurück, das nötig wäre, den Klimawandel zu stoppen. Derzeit liegt der Durchschnittspreis für Treibhausgase nach Berechnung der Weltbank bei zwei Dollar je Tonne. Um im Einklang mit dem Zwei-Grad-Klimaziel bis 2030 zu bleiben, müsste der Preis aber ein Vielfaches betragen: 75 Dollar je Tonne.
Ökonomen des Währungsfonds haben drei Steuer-Varianten und ihre Wirkungen für die G-20-Länder durchgerechnet: für 25 Dollar je Tonne Treibhausgas, für 50 Dollar und für 75 Dollar. Das Ergebnis zeigt die Problematik eines einheitlichen Preises. Denn während für China, Indien und Russland ein Preis von 25 Dollar je Tonne CO2 ausreichen würde, um sich an die eigenen Reduktionsversprechen im Pariser Klimaschutzabkommen zu halten, reichen etwa für Kanada und Australien noch nicht einmal 75 Dollar je Tonne. Das liegt laut IWF daran, dass Länder wie Kanada besonders ambitionierte Zusagen im Pariser Klimapakt gemacht haben. Ein anderer wichtiger Faktor ist, dass die Steuer in Ländern wie China, Indien und auch Südafrika stärker wirkt, weil deren Volkswirtschaften in der Energieproduktion stärker von Kohle abhängen.
Gerade Kohle würde sich durch die Klimasteuer dramatisch verteuern: Bei 75 Dollar Steueraufschlag je CO2-Tonne stieg der Preis bis 2030 um 200 Prozent. Das liegt auch daran, dass Kohle aktuell so billig ist im Vergleich zu anderen Brennstoffen. Einige Länder subventionieren die Nutzung zumindest indirekt. Aber auch die Gaspreise würden in diesem Szenario empfindlich steigen, um 70 Prozent bis 2030. Das wäre für die Leute direkt spürbar: Im Unterschied zu Kohle wird Gas nicht nur zur Stromgewinnung verfeuert, es wird auch von vielen Haushalten zum Heizen und Kochen genutzt.
Insgesamt würden die Energierechnungen für Haushalte steigen: Für Strom müssten sie im globalen Schnitt 43 Prozent mehr zahlen binnen den nächsten zehn Jahren. Stärker betroffen wären Haushalte in Kohle-Ländern. Treibstoff fürs Auto würde sich den Berechnungen zufolge innerhalb der nächsten Dekade um 14 Prozent verteuern.
Der Fonds sieht mögliche politische Widerstände für die Implementierung von CO2-Steuern oder alternativen Reglements zur Verteuerung der Produktion von Treibhausgasen. Er wirbt deshalb dafür, zumindest einen Teil der zusätzlichen Steuererlöse aus der CO2-Steuer zu nutzen, um besonders betroffene Bürger und Regionen zu entlasten. Die Ökonomen des Fonds kalkulieren in dem 75 Dollar-Szenario mit Erlösen zwischen 0,5 und 4,5 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt je nach Land. Die Regierungen könnten diese Einnahmen nutzen, um Einkommensteuern oder Lohnnebenkosten zu senken und damit Beschäftigung und Investitionen zu beflügeln. Sie könnten Sonderprogramme für Regionen beschließen, die besonders stark vom Kohlebergbau und fossiler Brennstoffverbrennung abhängen. Oder sie könnten die kompletten Einnahmen verwenden, um jedem Bürger eine CO2-Dividende in gleicher Höhe zu geben. Dieser Plan wird aktuell in den Vereinigten Staaten von konservativen Gruppen verfolgt, die dafür Unterstützung aus der Energiewirtschaft bekommen. Der Währungsfonds liebäugelt aber mit einer Variante dieser Idee. Er schlägt vor, nur die ärmsten 40 Prozent der Haushalte komplett zu kompensieren und die restlichen Erlöse in grüne Technologie zu investieren.
Ungeklärt bleibt die Trittbrettfahrer-Problematik: Warum sollen Länder mit CO2-Preis-Regimen voranschreiten, wenn sie dadurch kurzfristig die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften gefährden? Regierungen könnten dieses Problem lösen, indem sie sich auf einen Mindestpreis für CO2-Emissionen verständigen. Der könnte aus Fairnessgesichtspunkten für Industrieländer höher sein als für arme Länder. Der Fonds weist aber auch darauf hin, dass Länder jetzt ihrem Eigeninteresse durch CO2-Reduzierung dienen könnten. Denn die damit verbundene Politik würde in der Regel auch die Luftverschmutzung reduzieren, an der in Industrie- und Schwellenländern jährlich 700.000 Menschen stürben.