Plastikmüll wird auch durch die Luft verbreitet

Schädliches Mikroplastik kann offenbar über Stechmücken und andere Insekten, die Teile ihres Lebenszyklus im Wasser verbringen, durchaus in die Nahrungskette gelangen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von britischen Forschern, die in den „Biology Letters“ der Royal Society erschienen ist.
Die Wissenschaftler wiesen nach eigenen Angaben nach, dass die Larven von Stechmücken der Gattung Culex im Wasser die nur wenige winzigen Plastikteilchen aufnehmen und dass viele dieser Mikrokügelchen auch noch in den erwachsenen Stechmücken nachweisbar sind. Das betrifft vor allem die kleinsten Teilen. Im Test wurden die Kügelchen, die lediglich zweitausendstel Millimeter (2 Mikrometer) groß waren, erwartungsgemäß viel häufiger aufgenommen als die etwas größeren 15-Mikometer-Partikel. Die mit den Plastikabfällen beladenen Mücken werden dann von Vögeln oder Spinnen gefressen, die wiederum anderen Tieren als Nahrung dienen.
Das Forscherteam untersuchte die Aufnahme der umweltschädlichen Mikrokügelchen bei den Stechmücken zwar lediglich im Labor. Doch nach Ansicht der Wissenschaftler ist es „hochwahrscheinlich“, dass genau dieser Prozess derzeit schon in der Natur abläuft – und auch bei anderen Insekten so stattfindet, beispielsweise mit Libellen und Eintagsfliegen. Studienleiterin Amanda Callaghan von der University of Reading sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Das Entscheidende ist, dass dies sehr wahrscheinlich weit verbreitet ist.“ Den Forschern gelang nach eigenen Angaben damit erstmals der Nachweis, dass die Mikrokügelchen aus dem Wasser durch fliegende Insekten über die Luft wieder an Land gelangen – ein zusätzlicher Weg für diese Art Umweltbelastung.

Abrieb von Autoreifen und Textilien
Unter Mikroplastik werden Kunststoffteilchen verstanden, die kleiner als fünf Millimeter sind. Plastiktüten etwa zerfallen in den Meeren und in anderen Gewässern in diese kleinen Stückchen. Auch beim Waschen von synthetischen Textilien, durch den Abrieb von Autoreifen oder über Kontaktlinsen gelangt Mikroplastik ins Abwasser und so auch in Flüsse und Meere. Kläranlagen können Mikroplastik nur bedingt herausfiltern.
Für Kosmetik, Wasch- und Reinigungsmittel wird sogenanntes sekundäres Mikroplastik sogar absichtlich hergestellt. Umweltverbänden zufolge findet Mikroplastik sich etwa in Zahnpasta, Gesichtscremes, Duschgel und in Make-Up oder Lidschatten. Durch tierische Nahrung und Kosmetik nehmen daher auch Menschen Mikroplastik zu sich - die gesundheitlichen Auswirkungen sind noch kaum erforscht.
Briten haben Mikroplastik in Kosmetika verboten
Grundsätzlich ist Plastik in den Weltmeeren gefährlich, weil das meiste davon erst nach Jahrhunderten abgebaut wird und sich daher immer mehr davon in Meeren und Flüssen ansammelt. Tiere und andere Lebewesen in Gewässern fressen die schädlichen Teilchen oder nehmen sie anderweitig auf. Daran können die Tiere sterben oder ihre Fortpflanzung kann beeinträchtigt werden. Die winzigen Plastikteilchen sind schwer zu erkennen und noch schwerer aus dem Wasser herauszufischen. In Großbritannien darf Mikroplastik nicht mehr Kosmetikprodukten zugefügt werden.
Das Europaparlament hatte erst kürzlich eine umfassende Strategie zur Vermeidung von Plastikmüll gefordert. Auch solle die EU-Kommission bis 2020 ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika sowie Körperpflege, Wasch- und Reinigungsmitteln erlassen.
Die EU-Kommission hatte Ende Mai ihre Strategie gegen Plastikmüll in den Meeren vorgestellt und ein Verbot von Trinkhalmen und Einweggeschirr angekündigt. Nach Angaben der Brüsseler Behörde wurden im Jahre 2015 weltweit rund 322 Millionen Tonnen Kunststoff produziert, Schätzungen zufolge könnte sich diese Menge in den kommenden 20 Jahren verdoppeln.