„Unentrinnbare Tragik des Rechts“

Am Sonntagabend fand in der ARD und den dritten Programmen ein „Fernsehereignis“ statt: In den Filmen „Feinde: Gegen die Zeit“ und „Feinde: Das Geständnis“ wird die Geschichte um die Entführung eines Kindes und die Folter des Täters einmal aus der Perspektive des Polizeibeamten und einmal aus der des Verteidigers des Entführers erzählt. Vorbild für Drehbuchautor Ferdinand von Schirach war die Entführung des elfjährigen Millionärssohns Jakob von Metzler. Der damalige stellvertretende Frankfurter Polizeipräsident Wolfgang Daschner hatte den Entführer Magnus Gaefgen durch Androhung von Folter zur Preisgabe des Verstecks des Kindes gebracht. Wie in den Filmen blieb auch Daschners Handeln erfolglos, das Kind war bereits tot, was Daschner zum Zeitpunkt seiner Drohung allerdings nicht wusste.
Die filmische Auseinandersetzung mit dem Problem der Nothilfefolter, also der Folter des Angreifers zur Rettung von Menschenleben, ist interessant gemacht. Die Filme erzählen nicht nur unterschiedliche Geschichten, sie zeigen auch verschiedene Sichtweisen auf die rechtliche und ethische Bewertung der Nothilfefolter: Während der Polizeibeamte Nadler in der konkreten Situation mit dem drohenden Tod des entführten Kindes konfrontiert ist, kann und muss der Verteidiger Biegler im Strafverfahren zu Gunsten seines Mandanten die Grundsätze des Rechtsstaates hochhalten. Dass die Filme beide Sichtweisen nachvollziehbar erscheinen lassen, zeigt, dass im Recht nur wenig – und nicht einmal das Folterverbot – so eindeutig und selbstverständlich ist, wie es zu sein scheint.
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